Schornsteinfeger: Monopol im Umbruch
Zu häufige und zu teure Überwachungs- und Kehrarbeiten der Schornsteinfeger ärgern viele Verbraucher. Und die EU-Kommission hat bereits im Jahr 2002 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eröffnet, weil das Schornsteinfegergesetz die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verletzt.
Andererseits muss die Sicherheit von Millionen Heizungen in Deutschland erhalten bleiben. Und der Schornsteinfeger als herstellerunabhängiger Fachmann hat sich bewährt. Die unausweichlichen Reformen kommen jedoch nur langsam voran.
(23. September 2004) - Nur wenige Verbraucher wissen, was ein Schornsteinfeger genau tut und weshalb seine Arbeit wichtig ist. Das eigentliche Kaminkehren macht nur noch ein Drittel der Tätigkeit der Schornsteinfeger aus. Deshalb werden hier die wichtigsten Tätigkeiten kurz dargestellt:
- Jährliche Überwachung von Öl- und Gasheizungen nach der Kleinfeuerungsanlagenverordnung. Der Abgasverlust der Heizungen wird überprüft und darf zum Beispiel für Heizungen bis 25 Kilowatt Leistung elf Prozent nicht übersteigen. Gasbrennwertheizungen und Heizungen mit elf Kilowatt Leistung und geringer sind vom Gesetz von der Prüfung ausgenommen, Ölbrennwertheizungen und bivalente Heizungen (Heizungen, bei denen Öl- und Gasfeuerungsanlagen in Verbindung mit einer Wärmepumpe oder einem Solarkollektor betrieben werden und der Solarkollektor nicht ausschließlich der der Brauchwassererwärmung dient) sind von der Prüfung der Abgasverluste befreit. Bei Ölheizungen werden auch Ruß und Ölrückstände im Abgas gemessen. Im Jahr 2003 wurden 8,6 Millionen Gas- und 6,4 Millionen Ölfeuerungen wiederkehrend überprüft.
- Bei Öl- und Feststoffheizungen wird einmal jährlich der Schornstein gesäubert. Lediglich in Baden-Württemberg erfolgt dies gleichzeitig mit der Messung nach Bundesimmissionsschutzgesetz. In allen anderen Bundesländern kommt der Schornsteinfeger dafür ein zweites Mal.
- Gasfeuerungen werden jährlich auf ihre Sicherheit überprüft. Raumluftunabhängige Anlagen werden nur alle zwei Jahre überprüft. Das schreiben die Kehr- und Überprüfungsordnungen der Bundesländer vor, die auf der Basis des Schornsteinfegergesetzes erlassen wurden. Dies erfolgt durch eine Abgaswegeprüfung, bei der festgestellt wird, ob die Abgase einwandfrei nach draußen abziehen und ob genügend Verbrennungsluft zur Heizung gelangen kann. Dabei wird der Kohlenmonoxid-Gehalt der Abgase gemessen. Sind die Konzentrationen zu hoch, dann muss die Anlage gewartet werden. Bei Ölheizungen würde ein Abgasleck wegen des Geruchs von den Bewohnern wahrgenommen. Bei Gasheizungen kann eine zu hohe Konzentration von giftigem und geruchlosen Kohlenmonoxid gefährlich sein. Im Jahr 2003 wurden 12,5 Millionen Gasheizungen überprüft. Die Abgaswegeüberprüfung erfolgt bei Gasheizungen zusammen mit der Überwachung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz.
- Weitere Tätigkeiten: Überprüfung von Lüftungsanlagen und so weiter.
Kann die Sicherheit auch bei geringerem Aufwand erhalten bleiben?
Kehrbezirke
Die Bundesrepublik ist in etwa 8.000 feste Kehrbezirke eingeteilt, denen jeweils ein Bezirksschornsteinfegermeister vorsteht. Diese Bezirksschornsteinfeger übernehmen hoheitliche Aufgaben beim Vollzug zahlreicher Gesetze und Verordnungen. Es handelt sich dabei um ein klassisches vom Staat den Schornsteinfegern übertragenes Monopol. Die Zuteilung erfolgt durch Landesbehörden vorrangig in der Reihenfolge der Ablegung der Meisterprüfung. Die Bestellung erfolgt widerruflich und endet nach Vollendung des 65. Lebensjahres.
Die Vorteile des Monopols
Für den Staat hat das Monopol Vorteile. Denn er verfügt mit den Schornsteinfegern über eine Kontroll- und Überwachungsinstanz, die er nicht finanzieren muss. Die Verbraucher profitieren von den hohen Sicherheitsstandards durch die enge Überwachung. Und die Umwelt wird durch die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte entlastet.
Die Kritik
Bei der Heizungswartung reinigt der Installateur die Heizung und misst die Abgasverluste. Einmal jährlich kommt der Schornsteinfeger und misst nochmals die Abgasverluste. Und dann kommt bei Öl- und Feststoffheizungen der Schornsteinfeger ein weiteres Mal und kehrt den Kamin. Jedesmal kostet die Tätigkeit des Schornsteinfegers den Verbraucher zwischen 30 und 50 Euro. Zweimal ist für nahezu diesselbe Arbeit zu zahlen.
Betroffen sind viele Millionen Verbraucher, die sehr verärgert sind über diese Missstände. Die EU sieht in dem Vergabeverfahren der Kehrbezirke einen Verstoß gegen die Berufs- und Niederlassungsfreiheit. Und drängt seit zwei Jahren durch ein formelles Vertragsverletzungsverfahren auf eine Öffnung der Kehrbezirke.
Reformansätze
Möglicherweise reicht es aus, wenn Heizungen alle zwei oder drei Jahre geprüft werden. Das Kaminkehren könnte zusammen mit der Messung nach dem Immissionsschutzgesetz erfolgen. Und auch Heizungsfachbetriebe könnten Abgasmessung und Abgaswegeüberprüfung sachgerecht ausführen. Für die Reform liegen mehrere Modelle auf dem Tisch und werden derzeit diskutiert: Das freie Marktmodell (Verbraucher können einen Fachkundigen ihrer freien Wahl beauftragen), das Versicherungsmodell (eine Pflichtversicherung für alle Häuser übernimmt die Verantwortung für die Heizungssicherheit und zertifiziert Fachfirmen), Marktkontrollmodell (Verbraucher beauftragen Fachfirmen nach freier Wahl, Schornsteinfegergesetz bleibt erhalten), TÜV-, Architekten- und Notarmodell (jeweils unterschiedliche Zertifizierungsverfahren und Erhalt des Schornsteinfegergesetzes).
Die Verbände der Schornsteinfeger möchten das System der festen Kehrbezirke erhalten, jedoch die Kehrbezirke frei ausschreiben und nur für jeweils fünf Jahre besetzen, wobei sich auch EU-Ausländer gleichberechtigt bewerben dürfen. Sie wollen für moderne Heizungen auch die Prüfungsintervalle verlängern und werden dabei von der Lobby der Heizungshersteller unterstützt.
Kaum Bewegung
Die Reformdiskussion bewegt sich sehr langsam und zäh. Baden-Württemberg strebt an, dass die Überprüfung nach dem Bundesimmissionschutzgesetz künftig auch von Heizungsfachbetrieben durchgeführt werden darf und möchte die Kehrbezirke völlig abschaffen. Die Überprüfung, ob die gesetzlichen Prüfungen erfolgt sind, erfolgte wie bei der Prüfung des Auto-TÜVs durch Stichprobenkontrollen von Behörden.
Auf der Sitzung der Wirtschaftsministerkonferenz der Länder fand dieser Vorschlag keine Mehrheit. Dennoch will Baden-Württemberg diesen Antrag im Bundestag einbringen. Für die Änderung des Schornsteinfegergesetzes ist der Bundestag zuständig. Ohne Druck von außen wird sich nichts bewegen, weil versicherungs- und besoldungstechnische Probleme eine Auflösung der Monopole für den Bund sehr teuer werden lassen.
Fazit
Eine schnelle Änderung der monopolbedingten Ärgernisse ist leider nicht zu erwarten. Die Schornsteinfeger wären klug beraten, wenn sie die Pause zu einer freiwilligen Reform nutzen würden, zum Beispiel durch eine Zusammenlegung von Immissionsschutzmessung und Schornsteinreinigung bei Öl- und Feststoffheizungen.