Grüner Strom
Stromkennzeichnung: Greenwashing vereinfacht
Von Louis-F. Stahl
(13. Juni 2022) Die Stromkennzeichnung auf Rechnungen und Tarifblättern wird noch irreführender. Auf Grundlage einer Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes wird im „Gesamtenergieträgermix“ nunmehr der Strom aus erneuerbarer Erzeugung, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert wird, nicht mehr berücksichtigt. Die Änderung begünstigt Energieversorger, die einen hohen Vertriebsanteil von sogenannten „Ökostromtarifen“ basierend auf „Herkunftsnachweisen“ vorzuweisen haben. Darüber, dass eine solche Vermarktung von Graustrom als Ökostrom, der faktisch auch aus Atom- und Kohlestrom besteht, aber durch ein Zertifikat reingewaschen wurde, ein Etikettenschwindel ist, berichtete die Energiedepesche bereits mehrfach – zuletzt ausführlich unter dem Titel „Irreführende Ökostromtarife“ in Ausgabe 2/2021 auf Seite 30. Der Bund der Energieverbraucher rät daher zur Wahl eines Energieversorgers, der mit seiner Geschäftsaktivität die Energiewende tatsächlich vorantreibt. Die Tarifbezeichnung „Ökostrom“ ist dabei aufgrund des beschriebenen Zertifikateschwindels nichtssagend.
Irreführende Ökostromtarife
Wer einen Ökostromtarif wählt, tut etwas Gutes für die Energiewende. So suggeriert es uns die Werbung. Der Bund der Energieverbraucher weist seit Jahren darauf hin, dass dies häufig schlicht nicht stimmt. Inzwischen strafen auch zunehmend Gerichte allzu vollmundige Werbeversprechen als irreführend und unlauter ab.
Von Leonora Holling und Louis-F. Stahl
(24. Juni 2021) Im jüngsten Fall, der vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht verhandelt wurde, hatte ein Energieversorger damit geworben, zu 100 Prozent „grünen Regionalstrom“ direkt von erneuerbaren Erzeugern an Verbraucher liefern zu können.
Direkt in meine Steckdose?
Konkret warb der Versorger: „Sauberer Strom aus der Nachbarschaft: Ob aus Wind, Sonne oder Biomasse – wir vernetzen dich mit dem Strom, der in deiner Nähe erzeugt wird. Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose.“ Dies sei eine irreführende Werbung, entschied das Gericht mit Urteil vom 3. September 2020 (Az. 6 U 16/19). Der Grund: Das Werbeversprechen entspreche nicht der Wahrheit, da Energiekunden unabhängig vom gewählten Tarif denjenigen Strom aus ihren Steckdosen entnehmen, der vor Ort physisch im Stromnetz zur allgemeinen Versorgung vorhanden ist. Die Betreiber von erneuerbaren Erzeugungsanlagen speisen wiederum ihren Strom in das Stromnetz zur allgemeinen Versorgung ein. Dabei vermischt sich dieser „grüne“ Strom unweigerlich mit Strom aus „fossilen Energieträgern und aus Kernkraft“, sodass eine ausschließliche Belieferung von Energieverbrauchern mit „reinem Ökostrom“ nicht erfolgt.
Ausbau dank Tarif?
Bei Verbrauchern wurde durch die beanstandeten Werbeversprechen der Irrtum erregt, sie können durch den Abschluss der entsprechenden Verträge rein „grünen“ Strom beziehen. Die Entscheidung des OLG Schleswig verdient ausdrücklichen Beifall, da vielfach mit „grünem“ Strom geworben wird, obwohl tatsächlich ein Strommix der tatsächlichen Lieferung zugrunde liegt. Getäuscht durch die Werbeversprechen sind Verbraucher bereit, auch höhere Strompreise zu akzeptieren, weil sie glauben, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu unterstützen.
Reines Gewissen im Doppelpack
Die Wahl des Stromtarifes hat jedoch – mit Ausnahmen – nur wenig bis keinen Einfluss auf den Ausbau erneuerbarer Stromerzeugungsanlagen. Wählen Verbraucher einen Ökostromtarif, muss der Versorger lediglich nachweisen, dass entsprechende Mengen Ökostrom in das Netz eingespeist werden. Häufig geschieht dies über Zertifikate für die Einspeisung aus uralten Wasserkraftwerken im Norden Norwegens, deren Strom in keiner deutschen Steckdose ankommt. Dieser Zertifikatehandel ist ein Gewinn für alle Beteiligten: Die Norweger freuen sich über ihren „echten“ Ökostrom vor Ort und über das Geld für die Zertifikate. Deutsche Stromanbieter können wiederum dank der Zertifikate den Energieverbrauchern das gute Gewissen verkaufen, dass ihr Strombedarf aus Erneuerbaren gedeckt wird.
Wie neue Anlagen entstehen
Tatsächlich bewirkt dieser europaweite Stromhandel leider nicht den Bau auch nur einer neuen erneuerbaren Erzeugungsanlage. Der Ausbau erneuerbarer Erzeugungsanlagen geschieht in aller Regel auf Grundlage der Einspeisevergütungen und Marktprämien des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) oder durch Energieverbraucher zur Deckung ihres eigenen Strombedarfes durch eine erneuerbare Eigenerzeugung. Tatsächlich wurde im Jahr 2020 dank der Förderung durch das EEG erstmals über 50 Prozent des Stroms in Deutschland erneuerbar erzeugt (siehe „Strom überwiegend erneuerbar“).
Echter Ökostrom
Von der Regel, dass Strom aus dem Netz stets vermischter Graustrom ist, gibt es jedoch auch Ausnahmen, die man als Verbraucher kennen sollte. Die naheliegendste Variante ist der direkte Strombezug aus einer erneuerbaren Anlage. Beispielsweise im Rahmen von Mieterstromprojekten, bei denen Energieverbraucher Strom mit einer direkten Leitung zu einer erneuerbaren Anlage beziehen.
Regionalstrom
Darüber hinaus gibt es eine gesetzliche Ausnahme für „Grünstrom“, der regional vermarktet werden darf. Dabei handelt es sich um Strom, der über einen im „Herkunftsnachweisregister“ hinterlegten „Regionalnachweis“ verfügt und in der Regel aus einer Anlage stammen muss, die maximal 50 Kilometer vom Verbraucher entfernt in das Netz einspeist. Der Tarif muss genaue Angaben zum Standort der Anlage und zur Anlage selbst enthalten. Der Anlagenbetreiber erhält bei diesem Modell seine Einspeisevergütung nicht wie üblich direkt aus dem EEG-Topf, sondern in erster Linie vom Regionalversorger zuzüglich einer kleinen EEG-Marktprämie. Diese Voraussetzungen waren in dem vor dem OLG Schleswig verhandelten Fall nicht gegeben. Hätte der Versorger sich an diese Regeln gehalten, hätte er seinen Strom vermutlich zu Recht als grünen „Regionalstrom“ vermarkten können.
Indirekte Ökostromförderung
Der direkte Bezug aus einer konkreten EE-Anlage vor Ort ist für die meisten Verbraucher jedoch in der Praxis mangels solcher Angebote vor Ort leider nicht möglich. Hier rät der Bund der Energieverbraucher zur Wahl eines Energieversorgers, der mit seiner Geschäftsaktivität die Energiewende faktisch vorantreibt. Die Tarifbezeichnung „Ökostrom“ ist dazu, wie ausgeführt, nicht ausschlaggebend. Entscheidend sind tatsächliche Investitionen in den Bau und den Erhalt erneuerbarer Anlagen, die nicht ohnehin durch Marktinstrumente wie das EEG betrieben werden.
Verbraucher werden bei den Angaben zur Stromherkunft zunehmend in die Irre geführt.
Legalisierter Betrug
(7. Dezember 2016) Verbraucher werden bei den Angaben zur Stromherkunft zunehmend in die Irre geführt. Klartext redet Johannes Lackmann: Die Stadtwerke Paderborn liefern keinen Ökostrom und auch nicht – wie behauptet – Wasserkraftstrom aus Norwegen. Es gibt derzeit keine Netzverbindung nach Norwegen, die einen relevanten Stromimport ermöglichen würde und die Norweger verbrauchen ihren Strom selbst. Die Stadtwerke Paderborn bekommen von ihrem Vorlieferanten Gelsenwasser den allgemeinen deutschen Strommix geliefert. Gelsenwasser kauft dann schlicht und einfach ein Stück Papier mit der Aufschrift „Zertifikat“ aus Norwegen hinzu, das diesem Strom dann eine grüne Eigenschaft bescheinigt.
Ein solches Zertifikat kostet für eine durchschnittliche Haushaltsstrommenge im Jahr maximal 40 Cent. Leider wird durch diesen Papierhandel keine einzige Tonne CO2 eingespart, es wird kein einziges neues Ökokraftwerk gebaut, weder in Norwegen noch bei uns. Es ist eine perfekte Verbrauchertäuschung, legalisiert durch Bundesgesetzgebung aus dem Hause Gabriel. Ich nenne das legalisierten Betrug! Und daran sollten sich seriöse Stadtwerke nicht beteiligen. Man sollte dazu stehen, dass der Strom noch nicht zu 100 Prozent aus sauberen Energiequellen stammt und wir sollten gemeinsam daran arbeiten, das zu ändern, statt einen reinen Ablasshandel zu betreiben.
Die Nachhaltigkeitsplattform Utopia.de hat die Ökostromangebote von zwölf Stadtwerken und lokalen Energieversorgern in Ballungsräumen geprüft.
Wie öko sind Stadtwerke?
(4. Januar 2016) Die Nachhaltigkeitsplattform Utopia.de hat die Ökostromangebote von zwölf Stadtwerken und lokalen Energieversorgern in Ballungsräumen geprüft. „Sehr gut“ schneiden die Stadtwerke in Stuttgart und Hamburg ab, ein „Gut“ gibt es für die Drewag in Dresden und die Stadtwerke München. Auf „Befriedigend“ kommen die Stadtwerke Leipzig, die Frankfurter Mainova, die RheinEnergie aus Köln und die Nürnberger N-ERGIE. Für die Bremer swb gibt es nur ein „Ausreichend“. Unter den Schlusslichtern befinden sich die Stadtwerke Düsseldorf und die Dortmunder DEW21. Den unrühmlichen letzten Platz belegt Vattenfall in Berlin.
Foto: Photocase.de/jarts
Die Stadtwerke und ihre Ökostromangebote seien zuweilen besser als ihr Ruf, so Utopia.de. Die Angebote seien meist zertifiziert, wenn auch nicht immer mit dem besten Siegel. Einige der untersuchten Ökostromtarife könnten reinen Ökostromanbietern wie Greenpeace Energy oder Naturstrom das Wasser reichen. Bewertet wurde die Zusammensetzung der Energiequellen, die Zertifizierung und die Nachhaltigkeitspolitik der Anbieter.
Ökostromer für Direktverkauf
(27. März 2015) Die MVV Energie AG, die Naturstrom AG, die EWS Schönau, Greenpeace Energy und Clean Energy Sourcing fordern die Regierung auf, eine alternative Direktvermarktung für Ökostrom zu ermöglichen. Ein Dreivierteljahr nach der EEG-Reform liege noch immer keine Verordnung für ein Marktmodell vor, hieß es. Aktuell könnten Verbraucher nicht klar erkennen, woher der bezogene EEG-Strom stammt. Strom aus Wind- und Solaranlagen nehme fast ausschließlich den Weg über die Börse, wo er den grünen Herkunftsnachweis verliert und als "Graustrom" unbekannter Herkunft weiterverkauft wird.
Die Unternehmen präsentieren unter www.gruenstrom-markt-modell.de ein Modell, das von 30 Unternehmen und Verbänden unterstützt wird. Es sieht direkte Lieferbeziehungen zwischen Ökostromanlagen, Versorgern und Kunden vor, ohne EEG-System und Strombörse zu nutzen.
Mehr als fünf Millionen Haushalte beziehen in Deutschland Ökostrom. Was das eigentlich bedeutet, beleuchtet eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes.
Ökostrom zwischen Euphorie und Kritik
Mehr als fünf Millionen Haushalte beziehen in Deutschland Ökostrom. Was das eigentlich bedeutet, beleuchtet eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes.
(3. Juli 2014) Jede fünfte Kilowattstunde Strom wird in Deutschland aus erneuerbaren Energien erzeugt. Dafür zahlen Verbraucher einen Aufpreis von derzeit gut sechs Cent je Kilowattstunde. Wer noch mehr für den raschen Ausbau der Erneuerbaren tun will, baut entweder selbst eine Anlage oder beteiligt sich an einer Gemeinschaftsanlage. Bereits über eine Million Verbraucher haben das schon getan. Eine weitere Möglichkeit ist vermeintlich der Bezug von Ökostrom auf dem normalen Strommarkt. Ob damit wirklich deutliche Umwelteffekte verbunden sind oder ob es sich lediglich um eine Verkaufsmasche cleverer Marketingstrategen handelt, beleuchtet eine Studie des Umweltbundesamtes.
Egalstrom oder Ökostrom
Jede Kilowattstunde Strom im Netz ist identisch: Egal ob sie aus Kohlekraft, Atomkraft oder erneuerbaren Energien hergestellt wurde. Der Stromfluss zwischen Kraftwerken und Verbrauchern unterscheidet nicht zwischen den Tarifen der Kunden. Strom aus erneuerbaren Energien wird in das deutsche Verbundnetz eingespeist und ist danach nicht mehr von konventionell erzeugtem Strom zu unterscheiden. „Es gibt viele Gründe, zu Ökostromanbietern zu wechseln, der Strom selbst gehört nicht dazu“, erklärt Prof. Uwe Leprich. Aus der heimischen Steckdose kommt nämlich auch weiterhin der gleiche Energiemix wie vor dem Anbieterwechsel.
Ob durch den Wechsel zu einem Ökostromanbieter neue grüne Stromerzeugungsanlagen entstehen, ist sehr fraglich. Es dürfte aber in der weit überwiegenden Zahl der Fälle kaum der Fall sein. Es wird kritisiert, dass Stromanbieter durch den Verkauf von Strom aus seit Jahrzehnten bestehenden Wasserkraftwerken lediglich ohnehin erzeugten Ökostrom umverteilen. „Durch das europaweite Überangebot an EE-Strom entsteht kein Anreiz zum Neubau entsprechender Anlagen und kein Klimaschutzeffekt“, so die UBA-Studie.
Herkunftsnachweis
Um das Problem mit den grünen und schwarzen Elektronen zu lösen, den Strom also doch noch nach gut und schlecht sortieren zu können, hat man sich etwas einfallen lassen: den sogenannten Herkunftsnachweis. Mit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entstehen einerseits physikalischer Strom und andererseits ein Zertifikat über die Herkunftsart des Stroms. Wer seine Kunden mit Ökostrom beliefert, muss neben der reinen Lieferung des Stroms auch die entsprechende Menge an Zertifikaten kaufen und entwerten.
Ein Großteil des in Deutschland aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms wird nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Dieser Strom wird ins Stromnetz eingespeist und über die Strombörse vermarktet. Dieser Strom darf nicht als Ökostrom vermarktet werden, da der nach dem EEG vergütete Strom von den Übertragungsnetzbetreibern abgenommen und an der Leipziger Strombörse (EEX) vermarktet werden muss. Dort wird EEG-Strom zusammen mit Strom aus anderer Herkunft als sogenannter Graustrom gehandelt.
Stromkennzeichnung
Stromversorger sind durch § 42 Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet, den Anteil der einzelnen Energieträger an ihrem Strommix auf jeder Stromrechnung auszuweisen. Die Bundesnetzagentur muss diese Kennzeichnung überprüfen. Ab November eines Jahres sind jeweils die Werte des vorangegangenen Kalenderjahres zu verwenden. Seit Januar 2013 darf ein Energieversorger Strom nur dann als solchen aus erneuerbaren Energien (EE) kennzeichnen und auf der Stromrechnung ausweisen, wenn er für die gelieferte Menge EE-Strom auch Herkunftsnachweise im Herkunftsnachweisregister entwertet hat. Damit wird die Stromkennzeichnung verlässlicher und eine Doppelvermarktung wird ausgeschlossen. Das Herkunftsnachweisregister beim Umweltbundesamt (HKNR) ist am 1. Januar 2013 in Betrieb gegangen.
Wer wissen will, welcher Strom wirklich aus seiner Steckdose kommt, der erfährt dies einfach und kostenlos vom Strompreisbestandteilrechner (siehe Physikalische Strombezugsanalyse).
Ab dem 1. November 2014 müssen Energieversorgungsunternehmen den Stromkunden darüber hinaus die Werte für die Stromlieferung des Kalenderjahres 2013 in der Stromkennzeichnung angeben.
Länder wie Norwegen, Österreich und Schweiz mit einem hohen Anteil an Wasserkraftstrom verkaufen ihre Herkunftsnachweise nach Deutschland. Auch wenn in diesen Ländern Strom ohne Herkunftsnachweis verbraucht wird, weiß jeder dort, wo dieser Strom erzeugt wird. Ob umgekehrt auch deutschen Stromkunden klar ist, woher ihr „Ökostrom“ kommt, ist zumindest fraglich. In Deutschland gibt es 810 Ökostrom-Lieferanten mit mehr als 3.800 unterschiedlichen Ökostrom-Tarifen. 2012 wurden Herkunftsnachweise für 43 TWh Ökostrom in Deutschland entwertet. Die Herkunftsnachweise können für etwa 0,03 Cent je Kilowattstunde von Stromhändlern gekauft werden. Damit kann der Stromhändler seinen Graustrom an den Kunden als Ökostrom verkaufen. Die geringen Preise der Herkunftsnachweise führen zu Ökostromtarifen, die sich von Graustromtarifen kaum unterscheiden.
Wer direkt sein Obst beim Bauern kaufen will, sprich: seinen Strom vom Windmüller oder Solaranlagenbetreiber, der ist richtig beim Grünstromwerk.
Neuer Anlagenbau durch Ökostrombezug?
Einige Ökostromanbieter investieren selbst in den Aufbau neuer Anlagen zur Erzeugung von EE-Strom. Dabei entstehen Anlagen, die auch ohne den Stromhandel wirtschaftlich betrieben werden könnten. Der Zubau wird dadurch nur geringfügig beschleunigt, heißt es in der UBA-Studie. Der Ökostromhandel bewirkt primär eine Umverteilung des EE-Stroms innerhalb Europas.
Physikalische Lieferketten
Auch geschlossene Lieferketten, die auf Stromlieferverträgen beruhen, bewirken keine Veränderung der Stromflüsse, konstatiert die UBA-Studie. Denn die Stromflüsse werden nicht verändert. Deutschland exportiert mit zunehmender Tendenz Jahr für Jahr mehr Strom, als es importiert.
Gleichzeitigkeit
Eine dauerhafte Gleichzeitigkeit zwischen der EE-Stromerzeugung und dem Haushaltsverbrauch ist derzeit systembedingt nicht im großen Maßstab möglich. Denn die Abnahmecharakteristik eines Haushalts ist im konkreten Einzelfall unbekannt.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Vermarktungsmodelle von Ökostrom nur eine marginale Umweltwirkung entfalten können. Es sollte den Verbrauchern gesagt werden, dass der Herkunftsnachweis nur der Stromkennzeichnung auf der Rechnung dient und auch physische Lieferverträge nicht zu zusätzlichen Umweltwirkung führen.
Stromlabel
Die UBA-Studie beschreibt sehr genau die unterschiedlichen zusätzlichen Ökostrom-Label. TÜV Nord und TÜV Süd zertifizieren die größten Strommengen, gefolgt von Ok-power und Grünem Strom Label. Rund 80 Prozent aller Ökostromangebote sind über ein Label zertifiziert. Die Label achten auf einen zusätzlichen Umweltnutzen, in der Regel durch Reinvestition von Gewinnen oder Aufpreisen in den Neubau EE-Anlagen. Trotzdem gelingt in der Regel nicht der Nachweis, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien direkt auf die Wahl von Ökostromtarifen beim Kunden zurückzuführen ist.
Der Strom der bekannten Ökoanbieter kommt fast vollständig aus dem Ausland.
Ökostromanbieter als Auslaufmodell
(15. November 2013) Greenpeace Energy, die Elektrizitätswerke Schönau oder Lichtblick reden nicht gern darüber: Der Strom der bekannten Ökoanbieter kommt fast vollständig aus dem Ausland, vor allem aus Wasserkraftwerken in Norwegen und Österreich. Dass er dort produziert wird und nicht vom Windrad oder Solardach um die Ecke kommt, ist nicht ihre Schuld. Der gesetzliche Rahmen und der Wettbewerb geben kaum etwas anderes her.
Auch Stadtwerke würden für ihre Kunden gern Ökostrompakete schnüren, mit "echtem", zertifiziertem Grünstrom aus der Region statt von weit her. Oder wenigstens aus Deutschland, möglichst dezentral und verbrauchsnah erzeugt, wie es Umweltschützer immer wieder fordern. Vielleicht sogar zu einem hohen Anteil selbst gemacht, wie es unter anderem Ziel der Bürgerentscheide in Hamburg und Berlin ist. Doch auch sie können nicht zaubern. Sie haben ein Problem, das quer zur Debatte um die Ökostromförderung liegt.
Uwe Witt hat zu diesem Thema einen sehr lesenswerten Debattenbeitrag verfasst.
Bisher wurden viele Verbraucher durch den mehrfachen Verkauf von sogenanntem Ökostrom getäuscht. Damit ist jetzt Schluss.
Ökostrom endlich transparent
Bisher wurden viele Verbraucher durch den mehrfachen Verkauf von sogenanntem Ökostrom getäuscht. Damit ist jetzt Schluss. Dafür sorgt das „Herkunftsnachweisregister“ beim Umweltbundesamt, das seit Beginn 2013 arbeitet.
(27. März 2013) Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2009 (2009/28/EG: Förderung der Nutzung von erneuerbaren Energien) schreibt in Artikel 15 ein nationales Herkunftsregister für Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien vor. Es muss sicherstellen, das dieselbe Einheit von Energie aus erneuerbaren Quellen nur einmal berücksichtigt wird. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat dem Umweltbundesamt diese Aufgabe übertragen (§ 55 EEG).
Am 1. Januar 2013 hat das Umweltbundesamt (UBA) sein Herkunftsnachweisregister für Ökostrom (HKNR) gestartet. Das UBA bestätigt mit den Herkunftsnachweisen, dass Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde. Das HKNR überwacht die Vermarktung und schließt eine Doppelvermarktung aus. Ökostromerzeuger müssen sich und ihre Anlagen registrieren, sofern sie ihren Strom direkt und mit Herkunftsnachweisen vermarkten wollen und dafür auf fixe Vergütungen oder Marktprämien nach dem EEG verzichten.
In der Stromkennzeichnung dürfen ab November 2014 nur noch Herkunftsnachweise verwendet werden, die im HKNR entwertet wurden. Den Nachweis durch einen Herkunftsnachweis, dass eine bestimmte Menge des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde, dürfen nur EVU führen. Das HKNR verhindert so die bisher verbreitete Form des Umetikettierens von Strom mittels Kauf und selbstständiger Entwertung von Herkunftsnachweisen durch Stromverbraucher zur Verbesserung der eigenen Klimabilanz.
Was ist ein Herkunftsnachweis?
Der Herkunftsnachweis ist ein elektronisches Dokument und funktioniert wie eine Geburtsurkunde. Er bescheinigt, wie und wo Strom aus erneuerbaren Energien produziert wurde. Er muss genau und fälschungssicher sein. Er informiert über die Energiequelle, deren Standort und Alter und ob die Erzeugung gefördert wurde, zum Beispiel über das EEG und die Strommenge. Er enthält auch eine eindeutige Kennnummer. Der Nachweis verfällt nach zwölf Monaten. Jedes EU-Land muss ein solches System von Herkunftsnachweisen aufbauen. Die Nachweise werden länderübergreifend anerkannt, sofern sie den Vorgaben der EU-Richtlinie entsprechen. Jeder Hersteller von Ökostrom kann sich Herkunftsnachweise vom Umweltbundesamt ausstellen lassen. Und er kann ihn dann an einen Stromversorger verkaufen wie eine Semmel.
Wozu wird der Herkunftsnachweis verwendet?
Wenn ein Stromversorger Ökostrom an Endkunden verkauft dann muss er dafür eine entsprechende Menge an Herkunftsnachweisen entwerten ähnlich wie eine Fahrkarte. Dadurch sorgt der Herkunftsnachweis dafür, dass jede Kilowattstunde Ökostrom nur einmal und nur in einem Land verkauft werden kann.
Zwei Arten Ökostrom
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von erneuerbarem Strom: Solcher, den alle Stromkunden über die EEG-Umlage finanzieren, und solcher, der ohne diese Förderung produziert wird.
Ersterer wird auf der Stromrechnung mit dem entsprechenden Hinweis auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ausgewiesen. Dafür ist der bundesweite Anteil von EEG-Strom an der Gesamtstromerzeugung ausschlaggebend. Er lag 2012 bei etwa 20 Prozent. Diesen EEG-Strom finanzieren alle Verbraucherinnen und Verbraucher über die EEG-Umlage, unabhängig vom gewählten Tarif. Der EEG-Anteil ist bei jedem Stromkunden gleich groß. Hierfür verwendet der Stromversorger keine Herkunftsnachweise.
Verkauft Ihnen Ihr Energieversorger darüber hinaus Strom aus erneuerbaren Energien (also nicht EEG-Strom), darf er dies nur, wenn er für die entsprechende Menge an Strom Herkunftsnachweise beim Herkunftsnachweisregister des UBA entwertet hat.
Ab wann gilt das System?
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Herkunftsnachweisen sind im § 42 EnWG geregelt. Dieser besagt, dass der Stromlieferant, beispielsweise das örtliche Stadtwerk, seinen Kundinnen und Kunden den Mix der Energieträger des gelieferten Stroms (bspw. Kohle, Gas oder erneuerbare Energien) ausweisen muss; dies ist die sog. Stromkennzeichnung. Gehören zu dem Strommix des Stromlieferanten auch direkt vermarktete erneuerbare Energien, also kein EEG-Strom, so muss das Elektrizitätsversorgungsunternehmen Herkunftsnachweise verwenden und beim Umweltbundesamt entwerten. Spätestens ab dem 1. November eines Jahres hat der Stromlieferant seinen Kundinnen und Kunden jeweils die Werte des vorangegangenen Kalenderjahres anzugeben.
Die Verpflichtung zur Nutzung der Herkunftsnachweise gilt gem. § 66 Absatz 9 EEG, § 118 Absatz 5 EnWG ab dem Tag, an dem das Herkunftsnachweisregister (HKNR) des Umweltbundesamtes seinen Betrieb aufnimmt. Weil das Register am 1. Januar 2013 startete wirkt sich das Register erst auf Herkunftsnachweise ab November 2014 aus.
Verhindern Herkunftsnachweise „Greenwashing“?
Herkunftsnachweise und ihre Nutzungsmöglichkeit können nicht verhindern, dass Elektrizitätsversorger behaupten, Ökostrom an ihre Kunden zu liefern, obwohl sie lediglich Strom aus Atomkraft- oder Kohlekraftwerken liefern und diesen mit Hilfe von zusätzlich eingekauften Herkunftsnachweisen als „Grünstrom“ deklarieren. Allerdings können Sie auch in diesem Fall sicher sein, dass in gleicher Menge Grünstrom hergestellt und von niemandem sonst verbraucht wurde.
Das Umweltbundesamt bietet deshalb mit der so genannten „optionalen Kopplung“ die Nachweismöglichkeit, dass der Elektrizitätsversorger tatsächlich nachweislich Strom aus erneuerbaren Energien eingekauft und geliefert hat. Verbraucherinnen und Verbraucher, die Wert darauf legen, dass ihr Elektrizitätsversorger tatsächlich Strom aus erneuerbaren Energien einkauft, sollten diesen gezielt nach dieser Möglichkeit fragen.
Eine andere Form von „Greenwashing“, nämlich die rein rechnerische Verbesserung der Klimabilanz von Unternehmen oder Kommunen durch selbständige Entwertung von preiswert gekauften Herkunftsnachweisen dieser Endverbraucher, ist mit dem neuen Herkunftsnachweisregister beim Umweltbundesamt dagegen ausgeschlossen. Nur Elektrizitätsversorgungs-unternehmen, die Strom an Letztverbraucher liefern, dürfen Herkunftsnachweise für ihre Stromkennzeichnung verwenden.
Wie kommt der Ökostrom in die Steckdose?
Herkunftsnachweise besagen nicht, dass der Strom, den Sie physikalisch gesehen verbrauchen, tatsächlich in einer Erneuerbare-Energien-Anlage produziert wurde. Es liegt in der physikalischen Eigenschaft von Strom, immer den kürzesten Weg zu nehmen. Der Gegenwert des Herkunftsnachweises, eine Megawattstunde Strom aus erneuerbaren Energien, wurde erzeugt und fließt in den allgemeinen „Stromsee“. Bilanziell wird Ihnen dieser zugewiesen.
Schnellere Energiewende durch Herkunftsnachweis?
Der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung basiert derzeit auf der Vergütung von Ökostrom durch die Gemeinschaft aller Stromkunden über das EEG. Der Herkunftsnachweis und der Ökostrombezug beschleunigt diesen Ausbau derzeit nicht. Erst wenn künftig die Nachfrage nach Herkunftsnachweisen steigt und diese knapp und teuer würden, entstände ein zusätzlicher Anreiz für den Bau neuer Anlagen. Ob und wann dies geschieht, ist derzeit nicht absehbar.
Ökostromlabel und Herkunftsnachweis
Die vielen unterschiedlichen Ökostromlabel haben zunächst mit dem Herkunftsnachweis nichts zu tun. Ob sich die Ökostromlabel auch nach Einführung des Herkunftsnachweises behaupten können, bleibt abzuwarten. Denn die wichtigste Information eines Ökostromlabels wird künftig konsistent und zuverlässig vom Herkunftsnachweis geliefert.
Was ändert sich für mich als Stromkunde durch Herkunftsnachweise?
Mit den Herkunftsnachweisen können Sie sich sicher sein: Die Strommenge aus erneuerbaren Energien, die Ihnen Ihr Energieversorger als Ökostrom liefert, wurde tatsächlich erzeugt und Ihnen und niemandem anderem verkauft. Bisher ließ sich nicht sicher ausschließen, dass der Stromerzeuger durch verschiedene Zertifikate dieselbe Menge „Ökostrom“ mehrfach vermarktet hat bzw. dieselbe Menge an Ökostrom in verschiedene Bilanzen eingeflossen ist.
Weiteres:
Bislang war die Zertifizierung von Ökostrom freiwillig, es gab unterschiedliche Zertifikatsysteme
Neuer Herkunftsnachweis für Ökostrom
(17. Dezember 2012) Bislang war die Zertifizierung von Ökostrom freiwillig, es gab unterschiedliche Zertifikatsysteme wie z. B. das Renewable Energy Certificate System (RECS). Kontrolliert wurde das bisherige System vom Öko-Institut in Freiburg.
Ab 2013 gilt für den Handel mit Ökostrom verpflichtend das European Energy Certificate System (EECS). Das zugrunde liegende Herkunftsnachweisregister (HKNR) basiert auf dem RECS-System. Das HKNR soll der einzige Maßstab für den Verkauf von grünem Strom sein und wird ab 2013 zentral über das Umweltbundesamt verwaltet. Der genaue Starttermin wird noch veröffentlicht.
"Test" zum Ökostrom
(30. Januar 2012) Die Stiftung Warentest analysierte Ökostromtarife und veröffentlichte das Ergebnis im neuen "Test"-Heft: Danach haben nur 13 von 19 untersuchten Angeboten einen Nutzen für die Umwelt. Bei diesen Tarifen investiere der Lieferant in neue Wind- oder Wasserkraftanlagen, hieß es.
"Sehr stark" ökologisch engagiert und zusätzlich mit "guten" Vertragsbedingungen sind dem Testbericht zufolge die Tarife der unabhängigen Ökostromanbieter EWS Schönau, LichtBlick und NaturStrom. Auch Greenpeace Energy sei "stark engagiert", seine Tarifbedingungen aber nur "befriedigend".
Nur bei diesen vier unabhängigen Ökostromanbietern gehe das Geld nicht an ein Unternehmen, das auch Atom- und Kohlestrom verkaufe, so der Bericht. Es gebe auch bei konventionellen Energieversorgern Tarife, die ein "sehr starkes" oder "starkes" ökologisches Engagement des Anbieters erkennen lassen, sieben engagierten sich hingegen nur "schwach".
Schwindel beim Ökostrom
(7. September 2011) Gegen die Praxis vieler Stromanbieter, Grünstrom anzubieten, aber Atom- und Kohlestrom zu liefern, indem sie diesen mit ausländischen Herkunftsnachweisen "vergrünen", wendet sich der Frankfurter Grünstromanbieter TeraJoule Energy GmbH.
Diese Anbieter nutzten die Verunsicherung in der Bevölkerung und die regulatorische Grauzonen schamlos aus. Aktuell würden pro Jahr 9 TWh an 3 Mio Haushalts- und 6 TWh an Businesskunden als Grünstrom verkauft, in vielen Fällen aber nur "vergrünt".
Davon profitierten ausländische Großwasserkraftwerke, die keine Förderung brauchten, hieß es. Daneben stammten viele der Angebote von Anbietern konventioneller Energie, die sich ein grünes Image geben, ihre Produktionsstrukturen aber nicht ändern wollten, sondern nur ein lukratives Extrageschäft betrieben, so TeraJoule Energy.
Dem Etikettenschwindel müsse ein Ende gesetzt werden.
Die Mär vom Schweizer Sauberstrom
(10. September 2009) Die Schweiz produziert reichlich Wasserstrom - und exportiert diesen fleißig: Rund 40 Prozent, das sind rund 13 Milliarden Kilowattstunden, fließt in die Netze der europäischen Nachbarn. Doch gleichzeitig importiert die Schweiz jährlich nahezu elf Milliarden Kilowattstunden Strom aus "nicht überprüfbaren Energiequellen" - was nichts anderes ist als Strom aus nuklearer und fossiler Produktion. Darauf macht die schweizerische Zeitschrift Energie & Umwelt aufmerksam (Heft 2/2009).
Als Beispiel wird der schweizer Stromversorger Rätia Energie genannt: Das Unternehmen besitzt Anteile an Kohlekraftwerken in Deutschland und verkauft seinen Kunden 99 Prozent Strom aus nicht überprüften Energieträgern. Auch die Stauseen tragen zum Greenwash bei: Sie füllen die Speicher nachts mit importiertem Graustrom und erzeugen daraus tagsüber "sauberen" Wasserkraftstrom.
Ähnlich verfährt Österreich: Die Alpenrepublik stellt zwar 41 Milliarden Kilowattstunden Ökostrom her und exportiert 13 Milliarden davon. Gleichzeitig importieren die Österreicher jedoch 19 Milliarden Kilowattstunden. Auch Norwegen (Import 13, Export sechs) und Schweden (Import 24, Export zwölf) importieren mehr Strom, als sie exportieren.
Ökostrom beliebt
(3. Juli 2009) Im vergangenen Jahr haben 2,1 Mio Haushalte und fast 150.000 Gewerbebetriebe in Deutschland Ökostrom bezogen. Im Vergleich zum Vorjahr lag der Anstieg bei den Privatkunden bei 90%, bei den Gewerbekunden stieg die Kundenzahl auf mehr als das Doppelte.
Insgesamt habe der Absatz von Grünstrom 2008 rund 11 Mrd kWh betragen, so die Ökostromumfrage der Fachzeitschrift Energie&Management (E&M), an der 180 Energieversorger und Ökostromanbieter beteiligt waren, die insgesamt 263 Ökostromprodukte anbieten.
51 der Unternehmen beliefern heute mehr als 1000 Ökostromkunden. Marktführer mit 423.000 Kunden am Jahresende 2008 ist LichtBlick, gefolgt von der Entega mit 375.000 Kunden und NaturEnergie mit 270.000 Kunden.
Eine Motivation zum Wechsel sei für viele Kunden der Preis, hieß es, fast überall in Deutschland böten Ökostromer ihren Strom zu einem günstigeren Preis an als der Grundversorger mit seinem Standardtarif.
Mogelpackung bei Ökostrom
Greenpeace-Studie zu Ökostrom
(15. April 2009) Die Umweltorganisation Greenpeace hat vor Mogelpackungen beim Ökostrom gewarnt. Unter diesem Namen würden zahlreiche Produkte angeboten, die das Prädikat nicht verdienten, so Greenpeace.
Zu diesem Ergebnis sei eine im Auftrag von Greenpeace erstellte Studie des Energiewissenschaftlers Uwe Leprich von der Hochschule Saarbrücken gelangt. Viele Ökostrom-Geschäftsmodelle der Energiekonzerne basierten lediglich auf dem Handel mit Herkunftsnachweisen wie RECS-Zertifikaten.
Dabei kaufe ein EVU z.B. in Skandinavien billige Zertifikate für Öko-Strom aus Wasserkraft, nicht jedoch den Strom selbst. In Deutschland werde dann der konventionelle Strom mit den Zertifikaten zu Öko-Strom umdeklariert.
Die Studie nennt zwei Kriterien für echte Ökostrom-Angebote: Investitionen des Stromanbieters in neue Ökokraftwerke und detaillierte Informationen über die tatsächliche Herkunft des Stroms.
Zudem empfiehlt sie die Einführung eines einheitlichen Labels für Ökostromprodukte. Das heutige Nebeneinander verschiedener Zertifikate sei zu verwirrend. Die Studie kann unter www.greenpeace.de heruntergeladen werden.
Zusammenfassung aus der Studie
„Ökostrom“ ist ein Produkt, das das Bedürfnis der Kunden nach als 'ökologisch korrekt eingeschätztem Strom' befriedigen soll. Da eine Produktdifferenzierung eines an sich homogenen Gutes vom Kunden selbst nicht nachempfunden oder überprüft werden kann, lässt sich Ökostrom als „Vertrauensgut“ charakterisieren, das auf einem Vertrauensvorschuss gegenüber dem Anbieter basiert.
Im wissenschaftlich strengen Sinne wird „ökologisch korrekter“ Strom in Anlagen erzeugt, die wegen der Ökostrom-Nachfrage zusätzlich errichtet werden („nachfrageinduzierter Ökostrom“). Nur in diesem Fall ist gesichert, dass aus der Nachfrage ein ökologischer Zusatznutzen resultiert, insbesondere durch einen Beitrag zum Klimaschutz und zum Ausstieg aus der Atomenergie. Da diese Kausalität in der Realität jedoch schwer nachweisbar ist und Investitionsentscheidungen in aller Regel nach mehreren Kriterien gefällt werden, kann als „ökologisch korrekt“ in einem weniger strengen Sinne auch jener Strom angesehen werden, dessen Anbieter ausreichende Investitionen in den Neubau von „ökologisch korrekten“ Anlagen getätigt haben. Wenn es sich dabei allerdings um hochwirtschaftliche Investitionen handelt und das Nachfragekriterium überhaupt keine Rolle mehr bei der Investitionsentscheidung spielt - die Anlage also auch ohne jegliche Ökostromnachfrage errichtet würde - lässt sich ebenfalls kein ökologischer Zusatznutzen gegenüber dem Referenzfall ohne Ökostromnachfrage veranschlagen.
Ökostrom trägt seinen Namen oft zu Unrecht
Ökostrom, der „ohne Aufpreis“ verkauft wird und dadurch auch ohne Ökostromnachfrage als Egalstrom vermarktet werden könnte, bringt aktuell in den meisten Fällen keinen ökologischen Zusatznutzen und kann daher in aller Regel nicht als „ökologisch korrekt“ eingestuft werden. Das gilt insbesondere für Altanlagen wie z.B. Wasserkraftwerke, die vor der Strommarktliberalisierung im In- und Ausland errichtet wurden und ohnehin wirtschaftlich betrieben werden können.
Generell lässt sich zudem konstatieren, dass Ökostromangebote auf der Basis des Erwerbs von RECS-Zertifikaten aktuell und auf absehbare Zeit in aller Regel keinen ökologischen Zusatznutzen bewirken. Dies gilt auch für Angebote auf der Basis von Lieferverträgen aus bestehenden Altanlagen.
Der Verbraucher kann die Realisierung eines ökologischen Zusatznutzens durch seinen Ökostrombezug meist nicht selbst beurteilen. Diese Beurteilung können jedoch andere für ihn übernehmen, in dem sie z.B. formale und inhaltliche Qualitätsstandards erarbeiten und die Anbieter im Rahmen von Zertifizierungen periodisch überprüfen. Das derzeitige Nebeneinander von drei zertifizierenden Institutionen bzw. Dachorganisationen in Deutschland ist jedoch leider kaum geeignet, diese Beurteilung zu erleichtern.
Im Hinblick auf die Ziele des Klimaschutzes und einer nachhaltigen Energieversorgung werden Ökostromprodukte sowohl kurz- als auch mittelfristig einen im Vergleich zum EEG quantitativ nachgeordneten Beitrag leisten. Qualitativ jedoch tragen sie heute bereits zum Bewusstseinswandel in der Gesellschaft bei, geben Investoren Marktsignale und können Möglichkeiten darstellen, die bestehenden notwendigen Fördergesetze gezielt zu flankieren und weiter zu entwickeln.
Ziel sollte es sein, mit Ökostrom ein Premiumprodukt zu schaffen, das fraglos teurer sein wird als Egalstrom, das jedoch nachweislich einen ökologischen Zusatznutzen bewirkt und das von glaubwürdigen Unternehmen angeboten wird, die einen Umbau des gegenwärtigen Energiesystems und damit die Energiewende vorantreiben wollen.