ED 01/13 Die 1.000-Watt Lösung von Köln (S.17)
ED 04/13 Zählertausch: Großbritannien wird smart (S.23)

Manipulation an der Strombörse?

Website der EEX: www.eex.com

Strombörsen haben geschummelt

(30. Juni 2014) Die EU-Kommission hat gegen die beiden führenden europäischen Spot-Strombörsen „EPEX Spot“ und „Nord Pool Spot“ (NPS) Geldbußen von insgesamt 5,98 Millionen Euro verhängt. Die EPEX müsse 3,65 Millionen Euro, NPS 2,33 Millionen Euro zahlen, so die EU-Kommission. Die Börsen hätten vereinbart, im Europäischen Währungsraum (EWR) hinsichtlich ihrer Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Stromhandel nicht miteinander zu konkurrieren.

Beiden Börsen gewährte die Kommission eine Ermäßigung von zehn Prozent, da sie einem kartellrechtlichen Vergleichsverfahren zugestimmt hatten.

Ohne Strombörsen könnten die Elektrizitätsmärkte nicht effizient funktionieren, so Joaquín Almunia, der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission. In einer Zeit, in der die europäischen Verbraucher besorgt seien über immer höhere Stromrechnungen, sei er besonders zufrieden darüber, dass der von EPEX und NPS abgesprochenen Marktaufteilung ein Ende gesetzt worden sei. Die NPS ist norwegisch, die EPEX mit Hauptsitz Paris gehört zur Hälfte der Leipziger EEX.

Strompreise

Kartellamt duldet Manipulationen

Strompreise: Kartellamt duldet Manipulationen

(02. Dezember 2011) Die Strompreise können in Deutschland problemlos manipuliert werden. Die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts hätte zur Einleitung eines Missbrauchsverfahrens führen müssen. Das ergibt eine Untersuchung der Anwaltskanzlei Becker Büttner Held im Auftrag der Grünen Bundestagsfraktion.

Die Preisexzesse bis 2007 seien eindeutig missbräuchlich zustande gekommen und hätten nachträglich korrigiert werden müssen, kommentiert Peter Becker von BBH. Der Bund der Energieverbraucher kritisiert das Bundeskartellamt, das in diesem Fall die falsche Partei ergriffen und alle Augen zugedrückt habe.

Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts

Mailwechsel zwischen Dr. Aribert Peters & Dr. Felix Engelsing (Bundeskartellamt)

Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts

E-Mail vom 27. Januar 2011 an Felix Engelsing (Bundeskartellamt)

(27. Januar 2011)

Sehr geehrter Herr Engelsing,

danke für das Gespräch, dass wir am Rande der Handelsblatt-Tagung am 19. Januar 2011 in Berlin führten.

Ich schreibe Ihnen heute diese Email - die ich auch bei uns ins Internetforum stelle -, um ein möglicherweise zwischen uns vorliegendes Missverständnis aufzuklären. Auch können all jene, die meine Fragen und Ihre Antworten lesen, sich selbst ein Urteil bilden.

Ihr Untersuchungsgang ist beschrieben im Bericht des Bundeskartellamts:
www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Stellungnahmen/110113_Bericht_SU_Strom__2_.pdf

Sie stellen zutreffend fest, dass während eines Großteil des Stromangebot und Stromnachfrage in ein Gleichgewicht zu bringen. Fehlt es an diesem Gleichgewicht, dann bricht die gesamte Stromversorgung zusammen, auch wenn der Fehlbetrag gering ist (siehe Bericht Seite 107).

Das würde es jedem dieser Großen erlauben, einen beliebig hohen Strompreis zu verlangen. Denn ohne dieses hohe Angebot wäre die Nachfrage nach Strom nicht zu befriedigen, die Versorgung bräche zusammen.

Dadurch ist der Strompreis in das Belieben der vier Großen gestellt. Und jeder Stromerzeuger profitiert von einer Preisüberhöhung, weil alle Angebote zum Preis des teuersten Angebots gehandelt werden.

Der Bericht spricht von einer finanziellen Kapazitätszurückhaltung als einem Ausbeutungsmissbrauch (Seite 119 des Berichts).

Ziel der Untersuchung war es, die Strompreisbildung in Deutschland zu untersuchen (Seite 212). Man beschränkte sich jedoch darauf, Anhaltspunkte für eine Kapazitätszurückhaltung von Kraftwerksblöcken zu erlangen. Für jedes Kraftwerk wurde viertelstundenweise abgefragt, wie hoch die variablen Kosten jeweils waren und zu welchem Preis der Strom zum Verkauf angeboten wurde (Seite 126).

Die Funktionsweise der Großhandelsmärkte ist wesentlich dadurch gekennzeichnet, dass nur ein kleiner Teil des Strom an der Strombörse EEX gehandelt wird und der weitauf größere Teil außerhalb der Börse gehandelt wird, allerdings werden die Börsenpreise auch dem außerbörslichen Stromhandel zugrunde gelegt (Seite 46 des Berichts). Das macht den EEX-Stromhandel anfällig für Marktbeeinflussung.

Es ist für die Großen durchaus lukrativ, Strom an der EEX einzukaufen und diesen Strom außerbörslich (OTC) wieder zu verkaufen. Dabei wird zwar kein Gewinn gemacht, weil die OTC und EEX Preise sich entsprechen. Allerdings treibt jeder Strompreisanstieg an der Börse alle Preise nach oben, sowohl im Day-Ahead Markt als auch am Terminmarkt. RWE war im Jahr 2006 nachweislich der größte Stromkäufer an der EEX. Es kann außer Zweifel stehen, dass dies die Börsenpreise erhöht hat. Es ist offensichtlich, dass dieses Marktverhalten von RWE Trading dem RWE in seiner Rolle als Stromerzeuger sehr hohe Zusatzgewinne einbrachte.

www.energieverbraucher.de/seite_516.html/

Die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts ist aus zwei Gründen unzureichend:

Das Bundeskartellamts hat die Handelsaktivitäten von RWE Trading oder anderer dem RWE nahestehenden Stromhändler und ihren Einfluss auf die EEX-Preise nicht betrachtet. Auch wurde ausgeklammert, ob der Strom eines Kraftwerks an der EEX überhaupt angeboten wurde. Damit wurden die wesentlichsten Missbrauchsmöglichkeiten des Stromgroßhandels von vornherein aus der Sektoruntersuchung ausgeblendet.

Der zweite Mangel ist die fehlende Nachprüfung des Unternehmensangaben. Zutreffend ist der Einwand des Kartellamts, dass die Gebote beim Stromhandel nicht kraftwerksscharf oder gar blockweise zuzuordnen sind. Damit sind die Unternehmensangaben bereits vom Prinzip her nicht überprüfbar. Es fragt sich, welche Aussagekraft solchen Angaben dann beizumessen sind.

Warum hat das Bundeskartellamt eine sehr teure, großangelegte Untersuchung durchgeführt, die bereits von ihrer Anlage her nicht in der Lage ist, die wesentlichen Missbräuche der großen Stromerzeuger aufzudecken?

Ich bin gespannt ebenso wie die anderen Leser meiner an Sie gerichteten Email, ob mir bei meiner obigen Darstellung eventuell Fehler unterlaufen sind oder ich etwas übersehen habe.

Mit herzlichem Gruß
Dr. Aribert Peters
Vorsitzender
Bund der Energieverbraucher e.V.
Frankfurter Straße 1
53572 Unkel
Telefon 02224-123 123-0

(Ergänzt am 02. Februar 2011)

Antwort von Dr. Felix Engelsing Bundeskartellamt (Vorsitzender 10. Beschlussabteilung )

Sehr geehrter Herr Peters,

in Ihrer Email kommen eine Reihe von offensichtlichen Fehlvorstellungen über die Sektoruntersuchung Stromgroßhandel und die Funktionsweise der Strommärkte zum Ausdruck. Grundsätzlich halte ich zwar eine Korrespondenz über Ihr öffentliches Forum weder für sachgerecht noch für zielführend. Dennoch möchte ich ein paar Missverständnisse, die Ihnen unterlaufen sind, klarstellen:

  1. Die vier größten Stromerzeugungsunternehmen verfügen nach den Ergebnissen unserer Sektoruntersuchung zumindest im Jahre 2007 über eine individuell marktbeherrschende Stellung. Die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung beinhaltet aber nicht einen Beweis für die missbräuchliche Ausnutzung dieser Stellung. Diese müssen wir gesondert nachweisen. Eine marktbeherrschende Stellung an sich ist nicht verboten.
  2. Wir haben untersucht, ob Energieversorger missbräuchlich Kapazitäten finanziell oder physisch zurückgehalten haben. Unser Untersuchungskonzept entspricht dem der Europäischen Kommission und aller europäischen Wettbewerbsbehörden. Wir haben es insoweit weiterentwickelt, als die Datenerhebung umfangreicher und der von uns entwickelte und programmierte Algorithmus genauer waren. Die zahlreichen Nebenbedingungen der Kraftwerkseinsatzsteuerung (Mindestlauf- und Mindeststillstandszeiten sowie An- und Abfahrkosten) haben wir sachgerecht erfasst. Wir haben einen geringen Nichteinsatz von Kraftwerken nach unserer Optimierung festgestellt, für den aber sachliche Rechtfertigungsmöglichkeiten bestehen. Für den gerichtsfesten Nachweis eines Missbrauchs war dies nicht ausreichend.
  3. Wir haben die Jahre 2007und 2008 untersucht. Im Hinblick auf das von Ihnen genannte Jahr 2006 hat die Europäische Kommission das Verhalten von RWE auf Kapazitätszurückhaltungen untersucht und mangels Anhaltspunkten für einen Missbrauch das Verfahren eingestellt.
  4. Sie sprechen die angebliche Möglichkeit an, dass Unternehmen unmittelbar oder über Dritte durch Käufe am Spotmarkt die Nachfrage künstlich in die Höhe treiben und so die Preise manipulieren könnten. Aus unserer Sicht ist eine solche Strategie nicht möglich. Über einen einzigen Handelszugang über die Börse können Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder kaufen oder verkaufen. Gleichzeitige Verkäufe und Käufe können nicht stattfinden. Dies ist auch nicht über den Handelszugang Dritter ohne weiteres möglich. Eine Manipulation des Marktes kann so weitgehend ausgeschlossen werden.
  5. Auch ist sehr zweifelhaft, ob eine solche Strategie wirtschaftlich für die Unternehmen überhaupt sinnvoll ist. Ein kurzfristiger Ankauf physischer Strommengen durch ein Unternehmen am sogenannten Day-Ahead-Spotmarkt würde, sofern keine entsprechenden Lieferverpflichtungen bestehen, zu einer Überspeisung des Bilanzkreises führen. Dies verstößt jedoch gegen die sich aus der Stromnetzzugangsverordnung und den Bilanzkreisverträgen ergebenden Verpflichtung, den Bilanzkreis möglichst ausgeglichen zu halten. Die Möglichkeiten, größere Strommengen nach der Day-Ahead-Auktion wieder zu verkaufen, waren aber stark eingeschränkt. So war im den Jahren 2007 und 2008 der zeitlich dem Day-Ahead-Handel folgende Intraday-Handel zumeist recht wenig liquide. Zudem würde ein Unternehmen erhebliche wirtschaftliche Risiken eingehen, wenn es am Spotmarkt kurzfristig mehr Strom einkauft als es tatsächlich benötigt, da der Strom entweder gar nicht mehr verkauft oder nur mit hohen Abschlägen verkauft werden kann.
  6. Es ist möglich, dass große Erzeugungsunternehmen an der Börse als Netto-Käufer (und nicht Netto-Verkäufer) auftreten, denn es ist durchaus vorstellbar, dass ihre Lieferverpflichtungen ihre Erzeugungskapazitäten übersteigen. Darüber hinaus wird der Spotmarkt vor allem zur kurzfristigen Optimierung des eigenen Portfolios im Sinne einer Make-or-Buy-Entscheidung genutzt. Der Zukauf von Strommengen Dritter, die günstiger sind als in eigenen Kraftwerken erzeugter Strom ist nicht nur aus Sicht des Unternehmens wirtschaftlich rational, sondern kann durchaus auch zu einer volkswirtschaftlich effizienten Nutzung von Erzeugungsanlagen beitragen
  7. Zu Ihrem Einwand, dass in der Sektoruntersuchung nicht untersucht wurde, ob ein Kraftwerk an der Börse überhaupt angeboten wurde, ist zu sagen, dass dies für die Untersuchung auf eine Kapazitätszurückhaltung vollkommen unerheblich ist. Die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts deckt den gesamten physischen Strommarkt in Deutschland ab, unabhängig davon, über welchen Vertriebsweg der Strom tatsächlich verkauft wurde. Entscheidend ist nur, dass alle Kraftwerke der marktbeherrschenden Unternehmen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt wirtschaftlich hätten betrieben werden können, auch tatsächlich gelaufen sind. Dies ist nach unseren Ergebnissen im Wesentlich der Fall.
  8. Das von Ihnen monierte Prinzip, dass das teuerste zur Deckung der Nachfrage notwendige Kraftwerk den Preis für den gesamten Markt setzt, ist nicht zu beanstanden. Dieser Grundsatz gilt für alle wettbewerblich geprägten Märkte.
  9. Grundsätzlich ist auch eine detaillierte Überprüfung etwa der Angaben zu den Grenzkosten einzelner Kraftwerke möglich. Wir haben die Grenzkosten einiger Kraftwerke durch Simulationen überprüft. Im Rahmen der Sektoruntersuchung konnte aus Ressourcengründen keine vollumfängliche Prüfung der Daten vorgenommen werden. Eine detailliertere Prüfung wäre mit einer Markttransparenzstelle, wie sie im Energiekonzept der Bundesregierung vorgesehen ist, eher möglich.
  10. Die Beschlussabteilung hat durch die durchgeführten Plausibilisierungen keine Hinweise darauf erhalten, dass die Angaben der Unternehmen systematisch falsch sind. Im Übrigen wurden die Daten mittels bußgeldbewehrter Auskunftsbeschlüsse erhoben, so dass davon auszugehen ist, dass die Unternehmen gewissenhaft geantwortet haben.
  11. Für die Einhaltung der Marktregeln und die Verhinderung von Marktmanipulationen bei Finanzderivaten auf den Terminmärkten sind die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) und die Handelsüberwachungsstelle (HüSt) zuständig. Die Handelsüberwachungsstelle hat das Handelsverhalten insbesondere von RWE über die Jahre vollständig und kontinuierlich und unter verschiedenen Aspekten untersucht und keine Anhaltpunkte für Verstöße gegen Marktverhaltensregeln des Wertpapierhandelsgesetzes und des Börsenregelwerks einschließlich des börseneigenen Code of Conducts insbesondere für Preis- oder Marktmanipulation festgestellt.
  12. Sie haben eine Strafanzeige gegen RWE und E.ON wegen Preismanipulationen bei der Staatsanwaltschaften Düsseldorf und Essen gestellt. Darüber berichten Sie auch groß auf Ihrer Website. Die Staatsanwaltschaften Düsseldorf und Essen haben schon einen Anfangsverdacht verneint und deshalb kein Verfahren eröffnet. Darüber berichten sie auf ihrer Website nicht.

Die Funktionsweise der Strommärkte ist sicherlich komplex. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Erläuterungen weiterhelfen konnte. Sollten Sie die Strommärkte weiterhin nicht verstehen, steht Ihnen die Beschlussabteilung zur Beantwortung von Fragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Felix Engelsing Bundeskartellamt
Vorsitzender 10. Beschlussabteilung

(Ergänzt am 04. Februar 2011)

Schreiben von Dr. Aribert Peters auf Antwort von Dr. Felix Engelsing

Sehr geehrter Herr Engelsing,

zunächst möchte ich Ihnen für die kurzfristige Antwort danken.

Sie sprechen das Jahr 2006 und das Verfahren der EU Kommission an (Punkt 3).

Die EU-Kommission hat sich nicht auf Unternehmensangaben verlassen, sondern zweimal die Geschäftsräume der Konzerne durchsucht. Die Funde waren alles andere als harmlos: E.on hat ein Siegel gebrochen, das die sichergestellten Unterlagen sicherte und dafür hat die Kommission gegen E.on ein Bußgeld in Höhe von 38. Millionen Euro verhängt. Der Europäische Gerichtshof hat diese Entscheidung vor wenigen Tagen bestätigt.

E.on hat sich zu weitgehenden Zusagen gegenüber dem Kommission verpflichtet, bevor diese das Verfahren einstellte (Verkauf von Stromnetzen und Kraftwerken).

Das Bundeskartellamt hat selbst in einem internen Vermerk eine Fundsache zitiert, nach der E.on gezielt handelte, um an der Börse ein Zielniveau zu erreichen. Dieser Vermerk ist an die Öffentlichkeit gelangt und kann u.a. auf unserer Internetseite nachgelesen werden.

Auch hat ein Insider, der an der Strombörse selbst tätig war, auf die Strompreismanipulationen dort öffentlich aufmerksam gemacht und dies auch für das Jahr 2006 nachvollziehbar belegt.

Anders als es sich bei Ihnen unter Punkt 3 liest, war also der Stromgroßmarkt im Jahr 2006 alles andere als in Ordnung.

 Zu ergänzen ist allerdings, dass das Bundeskartellamt zu jener Zeit unter einer anderen Leitung stand und auch die Beschlussabteilung nicht von Ihnen, sondern von Carsten Becker geleitet wurde. Unter dieser anderen Besetzung wurde auch ein Missbrauchsverfahren gegen E.on und RWE eingeleitet wegen Einpreisung kostenlos zugeteilter Zertifikate. Dieses Verfahren wurden eingestellt, kurz nachdem die Leitung des Bundeskartellamts gewechselt hatte.

Unter Punkt 4 führen Sie an, dass der Börsenpreis nicht manipuliert werden kann, weil Unternehmen dort entweder nur kaufen oder nur verkaufen könnten.

Das ist sachlich unrichtig. Ein Börseninsider, der selbst in der EEX Börse tätig war, teilte uns dazu mit: „Natürlich haben Unternehmen, die über einen Zugang zur Börse verfügen, mehrere Abteilungen, die diesen Zugang - entweder weitgehend unabhängig voneinander oder koordiniert - parallel nutzen. So kann zum Beispiel die Handelsabteilung Strom verkaufen während die Beschaffungsabteilung desselben Unternehmens Strom kauft. Beigrößeren EVUs wie RWE oder Vattenfall ist diese Arbeitsweise sogar nicht die Ausnahme sondern die Regel“.

Gunnar Harms, der selbst als Händler an der EEX Börse handelt, teilt dazu mit: „Kauf am Spotmarkt und gleichzeitiger bzw. kurzfristig danach erfolgender Verkauf am Terminmarkt ist durchaus möglich. Kauf am Spotmarkt und Verkauf am langen Ende ist aber m.E. offensichtlich erfolgt und genau das hätte ein Untersuchungsziel des Bundeskartellamts sein müssen. Außerdem haben große Unternehmen durchaus auch mehrere Handelszugänge, z.B. allein schon über ihre diversen Handelstöchter. Händler A kauft am Spotmarkt und Händler B beobachtet und verkauft gleichzeitig am Terminmarkt“.

Sie führen aus, dass ein Stromkauf am Spotmarkt wirtschaftlich sinnlos sei, weil der gekaufte Strom nicht wieder verkauft werden kann und im Bilanzkreis dann zuviel Strom zur Verfügung stände (Punkt 5).

Allerdings kann ein Stromerzeuger wie z.B. RWE zum Ausgleich des Bilanzkreises die Eigenerzeugung entsprechend herunterfahren. Da am Spotmarkt nur ein geringer Teil des insgesamt erzeugten Stroms gehandelt wird, genügt schon der Kauf geringer Strommengen, um das Strompreisniveau an der Börse deutlich nach oben zu schieben. Auf die entsprechenden Belege des VIK sei verwiesen. Bei Ihrer Untersuchung der Kapazitätszurückhaltung von Kraftwerken wäre ein solches Verhalten nicht aufgefallen, da sogar Stillstandszeiten von 25% nicht weiter von Ihnen hinterfragt worden sind.

Da der Spothandel stets am Vortag stattfindet, hat jeder Kraftwerksbetreiber genügend Zeit, die Einsatzplanung je nach Bezuschlagung der erteilten Spotmarkt-Orders in Ruhe für den Folgetag zu justieren und ausgeglichene Fahrpläne abzugeben.

Es ist übliche Praxis, am Spotmarkt Orders für den Folgetag unterhalb der eigenen Kosten einzustellen. Wenn diese erfolgreich bedient werden, kann man die eigenen Anlagen in genau dem Umfang ruhen lassen, weil man den Strom billiger an der EEX bekommt. Umgekehrt gilt das Gleiche: Parallel werden Verkaufsorders oberhalb der eigenen Kosten eingestellt, um Gewinne mitzunehmen, falls der Preis so hoch steigt. Erfolgreiche Zuschläge werden dann aus der noch verfügbaren Eigenerzeugung bedient. Wenn kein Zuschlag erfolgt, kann man das auch oft noch intraday vermarkten.

Sie führen aus (Punkt 12), dass ich Anzeige gegen RWE und E.on erstattet hätte. Das ist unrichtig. Weder ich als Person, noch der Bund der Energieverbraucher e.V. haben gegen RWE oder E.on Anzeige erstattet. Unrichtig ist auch, dass dies auf unserer Internetseite berichtet wird.

Richtig ist vielmehr, dass am 23. März 2009 Herr Federhen Strafanzeige gegen E.on und RWE gestellt hat wegen des Verdachts der Strompreismanipulation. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat aufgrund der Anzeige durchaus Vorermittlungen aufgenommen, jedoch nach gut acht Monaten auf  über hundert Seiten schriftlich begründet, dass kein ausreichender Anfangsverdacht vorliege.

Die Staatsanwaltschaft Essen hat die Anzeige gegen RWE  an die Staatsanwaltschaft Leipzig abgegeben. Von dort wurde am 10.1.2011 mitgeteilt, dass die Vorermittlungen eingestellt wurden. Dies haben immerhin fast zwei Jahre angedauert.

Sie stellen dies so dar, dass kein Verfahren eröffnet wurde.

Der renommierte Fachanwalt und Autor Dr. Peter Becker schreibt über Ihre Untersuchung: „Entscheidende Fragen sind nicht gestellt worden: Warum die großen Vier mit 80 % ihres Stromangebots einen Bogen um die Energiebörse EEX machten, der damit hochgetriebene Börsenpreis aber der Referenzpreis ist – diese Strategie hätte auf ihre Auswirkungen auf den Großhandelsmarkt untersucht werden müssen“.

Es freut mich, dass durch unseren Austausch die Meinungsverschiedenheiten konkretisiert werden konnten.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Aribert Peters
Vorsitzender
Bund der Energieverbraucher e.V.

Pressemitteilung des Bundes der Energieverbraucher e.V.

Fraglicher Freispruch für Stromgroßhandel durch Kartellamt

(14. Januar 2011) Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts kritisch kommentiert.

Missbrauchsmöglichkeiten sieht der Verein vor allem darin, dass die Kraftwerksbetreiber an der Strombörse nicht anbieten sondern sogar aufkaufen. Das treibt den Börsenpreis nach oben. Der Kraftwerkstrom wird dann außerbörslich zu diesem hohen Preis verkauft, weil die EEX-Preise auch für außerbörsliche Verkäufe gelten. Für das Jahr 2006 ist durch einen Insider belegt, dass RWE der größte Käufer an der Strombörse war. Diese Missbrauchsmöglichkeiten hat das Kartellamt überhaupt nicht untersucht, obwohl diese Daten dem Kartellamt bekannt waren. Auch bleibt unklar, ob und wie das Kartellamt die von den Unternehmen gemachten Angaben überprüft hat.

„Die wesentlichen Missbrauchsmöglichkeiten wurden von vornherein aus der Untersuchung ausgeblendet. Deshalb überrascht der Freispruch nicht: Er war im Untersuchungsdesign angelegt" kommentiert der Vereinsvorsitzende Dr. Aribert Peters, „Das ist vergleichbar mit einer Kassenprüfung, bei der man nur die Münzen zählt und die Geldscheine übersieht"

Das Bundeskartellamt fand bei der "Sektoruntersuchung Stromerzeugung Stromgroßhandel" keine Belege für Manipulationen der Strompreise durch die großen deutschen Energiekonzerne.

Eine systematische und gravierende Zurückhaltung von Erzeugungskapazitäten sei auf Grundlage der untersuchten Daten zur Kraftwerkseinsatzsteuerung und zur Kostensituation der einzelnen Kraftwerke nicht nachzuweisen, hieß es.

Die Analyse habe aber gezeigt, dass die Energiekonzerne den Anreiz und die Möglichkeit hätten, den Strompreis auf diese Weise erheblich zu beeinflussen. Deshalb müssten das Angebotsverhalten und die Kraftwerksteuerung der Aufsicht durch die Wettbewerbsbehörden unterstellt werden.

(Ergänzt am 13. April 2011) Donwload Becker in ZNER zur Sektoruntersuchung 

EU-Kommission: Neue Regeln für mehr Transparenz

(29. Dezember 2010) Die EU-Kommission legte einen Gesetzentwurf vor, mit dem Marktmissbrauch und Insiderhandel auf dem Strommarkt europaweit verhindert werden sollen.

Zuständig für die Überwachung der Märkte solle eine europäische Agentur sein, für die Bestrafung sollten aber die nationalen Regulierungsbehörden sorgen, hieß es.

Marktdaten online

Transparenz steigt

Marktdaten online

(1. November 2009) Im Rahmen ihrer Transparenzoffensive stellen die Leipziger EEX und die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Amprion GmbH, EnBW Transportnetze AG, transpowerstromübertragungs gmbH und Vattenfall Europe Transmission GmbH Marktdaten unter www.eex-transparency.com online.

Mit der zentralen Transparenzplattform für Erzeugungs- und Verbrauchsdaten werden erstmals in Kontinentaleuropa Veröffentlichungspflichten aufgrund der "Leitlinien zum Engpassmanagement" (EG-Verordnung Nr. 1228/2003) umgesetzt und mit bestehenden freiwilligen Veröffentlichen zusammengeführt.

Kraftwerksbetreiber melden Daten zur installierten Kapazität, zu geplanten und ungeplanten Nichtbeanspruchbarkeiten von Erzeugungsanlagen und zur geplanten und tatsächlichen Stromproduktion. Die Veröffentlichung von Daten zum Stromverbrauch im industriellen Bereich ist vorgesehen.

Die Übertragungsnetzbetreiber stellen gesammelte Infos zur erwarteten und tatsächlichen Stromproduktion aus Windenergie zur Verfügung.

Preisbildung mit Grenzkosten führt zu Windfall-Profits

Gutachten des Bundesumweltministeriums

Preisbildung mit Grenzkosten führt zu Windfall-Profits

(12. Oktober 2009) Das Bundesumweltministerium hat eine Studie zu fairen Strompreisen veröffentlicht.

Es gebe für den Stromspotmarkt keinerlei Verbotsvorschriften in Bezug auf Insiderhandel, wie dies bei Wertpapiermärkten der Fall ist. Ebenso fehlten jegliche Ad-hoc-Publizitätspflichten für kursrelevante Informationen wie ungeplante Kraftwerksausfälle. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf, da mit Einführung der Strombörsen die frühere Preisbildung, die auf den Durchschnittskosten der Erzeugung basierte, abgelöst wurde durch eine Preisbildung auf Grundlage der Grenzkosten.

Die Preisbildung auf Grundlage des betriebswirtschaftlichen Theorems der Grenzkosten bedeutet, daß der Börsen-Strompreis nicht die Durchschnittskosten der Stromerzeugung widerspiegelt, sondern sich nach den Kosten jenes letzten Kraftwerks bemißt, daß der Erzeugungs-Palette hinzugefügt werden muß, um die aktuelle Nachfrage zu befriedigen. Und das sind nun mal die Anlagen für Spitzenlast wie Pumpspeicher- und Gasturbinenkraftwerke, deren Betrieb besonders teuer ist. Mit der Höhe der Grenzkosten steigt aber die Differenz zu den durchschnittlichen Kosten der Stromerzeugung und damit der Gewinn.

Für marktbeherrschende Kraftwerksbetreiber ergibt sich so die Möglichkeit, durch entsprechende Disposition von Kraftwerkskapazitäten die Grenzkosten und damit die "Windfall-Profits" für sich und andere Erzeuger in die Höhe zu treiben. - Zumindest solange, wie die völlig unterschiedlichen Kosten von Grund-, Mittel- und Spitzenlast ignoriert oder vernachlässigt werden, was die tonangebende Mehrheit der Wirtschaftswissenschaftler bisher in erstaunlicher Weise fertiggebracht hat. Und da es beim Strom noch immer keinen echten Wettbewerb gibt, können die so zustande gekommenen überhöhten Börsenpreise auch nicht vom Markt korrigiert werden. Sie dienen vielmehr als Referenzpreis für den Stromhandel und treiben so das Preisniveau insgesamt nach oben.

"Es sind so gut wie keine Daten über tatsächliche Erzeugungskosten verfügbar"

Möglicherweise setzen die Konzerne sogar ihre Grenzkosten für Spitzenlast zu hoch an. Laut Gutachten des BMU läßt sich das ebenso wenig überprüfen wie die Kosten für Grund- und Mittellast, denn es seien "so gut wie keine Daten über tatsächliche Erzeugungskosten verfügbar". Darunter litten alle Studien, die den Zusammenhang zwischen Marktmacht und Preissteigerung zu durchleuchten versuchen, da sie auf "grobe Annahmen" angewiesen seien.

Eine Ausnahme bilde lediglich eine Studie von London Economics, die im Auftrag der EU-Kommission die enorme Diskrepanz zwischen Kosten und Erlösen der Stromerzeuger untersuchte und im April 2007 veröffentlicht wurde. Hier hätten für die Jahre 2003 bis 2005 die tatsächlichen Erzeugungsdaten zugrunde gelegt werden können. Die Studie zeige, daß es eines immensen Aufwands zur Überprüfung des Stromgroßhandelsmarktes bedürfe. In Deutschland gebe es wohl keine mit dem Energiemarkt befaßte Behörde, die in der Lage wäre, die Komplexität der von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie zu bewältigen. Derartiges Know-how müsse dringend aufgebaut werden.

Besonderheiten der Stromversorgung wurden beim Aufbau der Börsen missachtet

Dass die Strombörsen nicht im Sinne des Wettbewerbs funktionieren, sondern zur Preistreiberei geradezu einladen, ist längst ein offenes Geheimnis und von verschiedener Seite beklagt worden, so der Chronist Udo Leuschner. Ein Grundfehler bestand schon darin, die klassische Produktenbörse einfach in den Bereich der Elektrizitätswirtschaft zu übertragen. Im Unterschied zu Getreide und Kaffee oder auch zu Energieträgern wie Öl und Gas ist Strom nämlich nicht speicherbar. Er muss vielmehr in derselben Sekunde erzeugt werden, in der er verbraucht wird. Außerdem haben Schwankungen des Strompreises keine Auswirkungen auf die Nachfrage.

Damit entfallen zwei ganz wesentliche Faktoren, die an einer herkömmlichen Produktenbörse für das Austarieren von Angebot und Nachfrage sorgen. Die von der Monopolkommission konstatierte "Vermachtung" der Stromwirtschaft ist dagegen eher ein nachrangiger Faktor. Erst im Zusammenwirken mit den technisch-physikalischen Besonderheiten der Stromwirtschaft und den Besonderheiten des computerisierten Strombörsen-Betriebs hat diese Vermachtung besonders fatale Folgen. Sie ermöglicht es den Großstromerzeugern, fast beliebig an der Preisschraube zu drehen.

Unter der relativen Vielzahl von Börsenteilnehmern verfügen sie als einzige über die ganze Palette der Kraftwerkskapazitäten, die erforderlich ist, um die wechselnde Stromnachfrage abzudecken. Vor allem verfügen sie über die Anlagen zur Abdeckung von Spitzenlast. Durch gezielten Einsatz bzw. Nichteinsatz von Kraftwerkskapazitäten können sie so die "Grenzkosten" der Stromerzeugung bestimmen, die für den Börsenpreis maßgeblich sind, und von der enormen Differenz dieses Börsenpreises zu den durchschnittlichen Stromerzeugungskosten profitieren. Hinzu können sie diese Preistreiberei auch noch hinter der Anonymität des Börsengeschehens verstecken, da dieses ja formal korrekt abläuft und sich die Preise scheinbar aus dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage ergeben.

Im Visier der Staatsanwälte

Durchsuchungen bei den Stromkonzernen, Milliardengewinne, Untersuchungen des Bundeskartellamts: Die Stromriesen sind gewaltig ins Gerede gekommen. Inzwischen ermitteln sogar die Staatsanwälte.

Am 23. März 2009 stellt Ansgar Federhen aus Rheinbreitbach Strafanzeige gegen die Verantwortlichen von E.on und RWE. (Az 306/Js 101/09 Staatsanwaltschaft Essen und 120 Ujs 22/09 Staatsanwaltschaft Düsseldorf). Der studierte Finanzwirt hatte sich sowohl in seiner Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Ortsgemeinderat, als auch als Mitglied beim Bund der Energieverbraucher e. V. schwerpunktmäßig mit der Entwicklung der Strompreise in Deutschland beschäftigt.

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Ansgar Federhen mit Unterstützung des Bundes der Energieverbraucher contra E.on und RWE

Gutachten bestätigt Anfangsverdacht

Die Strafanzeige basiert auf einem Gutachten des Strafrechtsprofessors Dr. Matthias Jahn von der Universität Erlangen-Nürnberg, der sorgfältig die gesamte Literatur zum Thema untersucht. Jahn hatte seine Erkenntnisse in der juristischen Fachzeitschrift "Zeitschrift für Neues Energierecht" veröffentlicht. Professor Jahn ist im Nebenamt Richter am Oberlandesgericht Nürnberg.

Er kommt zu dem Ergebnis, dass ein "Anfangsverdacht" vorliege. Als Gründe führt er an:

  • Veröffentlichung unrichtiger bzw. irreführender Angaben zu der dem Handel zur Verfügung gestellten Strommenge auf der Homepage der Leipziger Strombörse (EEX),
  • Irreführende Signale durch gezielte Manipulation des EEX-Spotmarktpreises ("marking the close" bzw. "wash sales"),
  • Sonstiges Täuschen durch gezielte Zurückhaltung eigentlich verfügbarer Stromkapazitäten (sogenanntes cornering).

Damit gebe es hinreichende Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit wegen Betrugs nach §§ 20a i. V. m. 38 des Wertpapierhandelsgesetzes bzw. nach § 263 Strafgesetzbuch. Im § 20a Abs. (1) heißt es: "Es ist verboten, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, ... ein künstliches Preisniveau herbeizuführen". Das Gesetz sieht für den Fall, dass sich ein solcher Tatverdacht bestätigen sollte, für die Verantwortlichen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vor, so die Düsseldorfer Rechtsanwältin Leonora Holling.

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Pressekonferenz am 8. Mai 2009 im Steigenberger Parkhotel Düsseldorf zur Anzeigerstattung gegen RWE und E.on (v.l. Ansgar Federhen, Leonora Holling, Dr. Aribert Peters, Gunnar Harms)

Strom zu teuer verkauft

Experten im Sondergutachten "Strom und Gas 2007" der Monopolkommission, eines Beratungsorgans der Bundesregierung, hatten bereits den Verdacht der Manipulation geäußert. Sie beriefen sich dabei auf ein Gutachten von London Economics, das im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt worden war. In diesem Gutachten hatte London Economics Berechnungen vorgestellt, aus denen sich ergab, dass die Strompreissteigerungen dadurch vorangetrieben worden sein könnten, dass Stromkonzerne ihre kostengünstig produzierenden Kraftwerke bewusst zurückgehalten und nur Strom aus teuer produzierenden Kraftwerken an der EEX feilgeboten hätten.

Dokument bestätigt Absprachen

Ein Schriftsatz des Bundeskartellamts vom 18. November 2006 hatte diesen Verdacht bestärkt. Das Dokument stammte aus dem Fusionskontrollverfahren E.on Mitte/Stadtwerke Eschwege. Es stellte Absprachen zwischen den Chefs der vier deutschen sowie der europäischen Großkonzerne dar. Mit Blick auf die Börse war ein E.on internes Papier mit der Überschrift "Welchen Anteil haben wir an der Marktpreisentwicklung?" besonders aufschlussreich: "Von März bis Juni 2003 hat ein intensiver Einsatz des E.on Sales and Trading(EST)-Eigenhandelsbuches zur Initiierung von Marktpreissprüngen und zur Absicherung von Marktpreiseinbrüchen beigetragen (...) EST hat als Treiber des Marktes sehr großen Anteil am Durchstoßen eines Zielpreises." Für den Zeitraum Juli bis September 2003 konstatiert E.on: "Wenig Eingriff durch EST notwendig, um Marktpreis auf hohem Niveau zu stabilisieren."

Am 7. Mai 2008 gab die Kommission eine vorläufige Beurteilung ab, aus der sich für E.on offensichtlich die Gefahr eines milliardenschweren Bußgeldes abzeichnete. Darauf ging der Konzern auf die Kommission zu und bot an, sein Höchstspannungsnetz und 5.000 Megawatt seiner Kraftwerkskapazitäten zu verkaufen.

Hat E.on Kapazitäten zurückgehalten?

Dieser Verdacht lässt sich nun auch mit dem Abschlussbericht über die Untersuchung der Europäischen Kommission weiter erhärten, der am 13. Februar 2009 im Amtsblatt der EU erschienen ist. Dort finden sich über die bereits bekannten Feststellungen hinaus Hinweise zu Umfang und Folgen der Kapazitätszurückhaltung.

Der Preis auf dem kurzfristigen Markt in Deutschland wird jeden Tag stündlich über Auktionen an der EEX festgelegt. Der Preis ist das Ergebnis eines Auktionssystems, über das ein einziger Preis für den gesamten Markt festgelegt wird. Der vorläufigen Beurteilung der Kommission zufolge hat E.on die Strategie verfolgt, verfügbare Erzeugungskapazität kurzfristig zurückzuhalten, um die Preise in die Höhe zu treiben. Nach Berechnungen der Kommission könnte E.on zwischen 2002 und 2007 und insbesondere in den Jahren 2003 und 2004 einen erheblichen Teil seiner rentablen Kapazität zurückgehalten haben. Es besteht "Grund zur Annahme, dass zwischen 2002 und 2007 verfügbare Erzeugungskapazität über Hunderte von Stunden, das heißt wiederholt und andauernd über mehrere Jahre, zurückgehalten worden sein könnte".

In ihrer vorläufigen Beurteilung hatte die Kommission die Auffassung vertreten, "dass der kurzfristige Effekt - bei der Beeinflussung der Spotmarkt-Preise - sich zu einem langfristigen Effekt entwickeln könnte, weil die langfristigen Märkte von den Trends der kurzfristigen Preise abhängen, was bedeutet, dass ein anhaltender Anstieg der kurzfristigen Preise an der EEX in Deutschland in ein bis drei Jahren zu einem Preisanstieg bei Terminprodukten führen könnte".

Fazit: Die Kommission hat "Grund zur Annahme", dass E.on über sechs Jahre hinweg und über Hunderte von Stunden die Preise an der EEX in die Höhe getrieben hat. Dennoch stellte sie das Verfahren ein, nachdem E.on seine Verpflichtungszusagen abgegeben hatte. Der Kommission war offenbar der politische Erfolg, den weltgrößten Energiekonzern zu Änderungen seiner Unternehmensstrukturen gezwungen zu haben, wertvoller als ein -- wenn auch ansehnliches -- Bußgeld, das E.on in jahrelangen Gerichtsverfahren attackiert hätte.

Kein Strom von RWE und E.on an der Börse?

RWE verfügt über 32 Prozent der deutschen Kraftwerkskapazitäten. RWE tätigte 2006 28 Prozent des gesamten Netto-Stromeinkaufs an der EEX-Strombörse. E.on verfügt über 22 Prozent des deutschen Kraftwerkparks. E.on trat aber an der EEX im Jahr 2006 nicht nennenswert als Stromanbieter in Erscheinung. Das geht aus verlässlichen Unterlagen hervor, die der Redaktion und auch den Staatsanwaltschaften vorliegen (siehe Grafik)

27_Stromhandel_EEX_2006

Die Schäden, die diese Manipulationen anrichten, erreichen Schwindel erregende Höhen: So haben die Stromproduzenten im Jahr 2007 anstelle eines kartellrechtlich zu rechtfertigenden, an den Kosten orientierten Preises von 32 Euro pro Megawattstunde mindestens 60 Euro verlangt und im außerbörslichen Terminmarkt auch erhalten. Der Preis für den Stromterminmarkt orientiert sich am EEX-Spotmarktpreis, den E.on und RWE durch die Zurückhaltung ihrer Kapazitäten ebenfalls nach oben trieben. Insgesamt hat allein E.on im Jahr 2007 etwa 3,6 Milliarden Euro zu viel kassiert. Aufgrund der Beweismittel, die den Ermittlungsbehörden mittlerweile vorliegen, dürfte sich dadurch allein für das Jahr 2007 ein Schaden für die Endverbraucher in Höhe von ca. 12,6 Milliarden Euro ergeben.

Verdreifachte Strompreise

Das Wettbewerbsrecht kennt seit jeher das Instrument der kartellrechtlichen Preishöhenkontrolle. Marktbeherrschende Unternehmen - zu denen RWE und E.on nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zählen - müssen ihre Preise einer kartellrechtlichen Angemessenheitskontrolle unterwerfen. Ein Kontrollparameter ist das Vergleichsmarktprinzip, nach Lage der Dinge in Deutschland insbesondere das zeitliche Vergleichsmarktprinzip. So tobte zwischen 1999 und 2002 ein Preiskrieg zwischen RWE und EnBW, der zu einem massiven Preisverfall führte. Die damals geltenden Preise betrugen nur ein Drittel der heutigen Tarife. Daran müssen sich die Unternehmen heute messen lassen.

Das zweite Kontrollprinzip ist das sogenannte Gewinnbegrenzungskonzept: Danach darf das marktbeherrschende Unternehmen nur einen Preis verlangen, der den Produktionskosten zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags entspricht. Aus eigenen Zeugnissen der Energiewirtschaft ist bekannt, dass die Kosten der Stromerzeugung in abgeschriebenen Kernkraftwerken maximal 20 Euro und beim üblichen Erzeugungsmix maximal 28 Euro pro Megawattstunde betragen. Rechnet man einen Gewinnaufschlag dazu, wie das Regulierungsrecht sie für die Verzinsung des eingesetzten Kapitals für Netze zulässt, würde der Gewinnzuschlag etwa zehn Prozent betragen. Danach dürfen Marktbeherrscher je Megawattstunde maximal 31 Euro verlangen - und nicht 60 Euro wie im Jahr 2007.

Schadensersatzklagen möglich

Die Überzahlung kann im Wege des kartellrechtlichen Schadenersatzes zurückverlangt werden. Das wäre die rückwirkende Kompensation, die die Kommission mit ihren strukturellen Maßnahmen nicht erreicht hat. Das rechtliche Gefüge ist in einem Aufsatz im aktuellen Heft der "Zeitschrift für Neues Energierecht" dargestellt (ZNER Heft 4 2008 ). Stromkunden könnten für die Durchsetzung ihrer Rechte vor Gericht darauf zurückgreifen.

Kurze Chronik
  • 1998 Die Strommärkte werden liberalisiert. Die Großhandelspreise für Strom sinken auf rund zwei Cent je Kilowattstunde.
  • 2000 RWE und E.on legen rund zehn Prozent aller deutschen Kraftwerke still (10.000 Megawatt Leistung).
  • 2002 Die Stromhandelspreise an der Strombörse klettern auf rund sechs Cent pro Kilowattstunde
  • 2006 RWE und E.on verkaufen ihren Strom nicht an der Börse, sondern außerbörslich. RWE tritt sogar an der EEX als größter Stromkäufer auf (siehe Grafik).
  • 2007 Ein Insider verbreitet detaillierte Handelsdaten der EEX.
  • 2007 Die Börsenaufsicht lässt die Manipulationsvorwürfe von einem wissenschaftlichen Institut untersuchen. Genau dieses Institut hatte RWE gegen Vorwürfe des Bundeskartellamts wegen Preismanipulationen verteidigt - gegen Bezahlung.
  • 2007 Die EU-Kommission durchsucht die Konzernzentralen von E.on und RWE. Sie verhängt gegen E.on ein Bußgeld von 34 Millionen Euro, weil ein Siegel erbrochen wird, das beschlagnahmte Akten sicherte.
  • 2008 Der Bundestag verschärft die Kartellvorschriften, damit Kartellbehörden besser gegen missbräuchlich überhöhte Energiespreise vorgehen können. Das Bundeskartellamt richtet zur Verfolgung derartiger Verstöße eine spezielle Beschlusskammer neu ein.
  • Februar 2009 Die EU Kommission stellt das gegen E.on eingeleitete Missbrauchsverfahren ein, weil sich E.on zur Veräußerung seines Stromnetzes bereit erklärt.
  • März 2009 Die "Zeitschrift für neues Energierecht" stellt in einer Pressekonferenz die Strafbarkeit von Strompreisbeeinflussungen heraus.
  • April 2009 Das Bundeskartellamt startet eine Untersuchung des Stromgroßhandelsmarktes.
  • Mai 2009 Die Staatsanwaltschaften prüfen die Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des RWE und E.on Konzerns.
E.on und RWE-Duopol behindern Stromwettbewerb

Bundesregierung beantwortet kleine Anfrage zur EEX

E.on und RWE-Duopol behindern Stromwettbewerb

(27. April 2009) Analysen der Aufsichtsbehörden hätten keine konkreten Anhaltspunkte für Manipulationen an der Leipziger Strombörse EEX ergeben, so die Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion ( Drucksache 16/12556 ). Grundsätzlich sei aber keine Börse frei von jedweder Möglichkeit der Preismanipulation.

Die Energieversorger kauften ihren Strom in der Regel ein halbes Jahr bis eineinhalb Jahre vor Beginn des Lieferjahrs dort ein. Bis Juli 2008 seien die für 2009 vereinbarten Großhandelspreise aufgrund erhöhter Energierohstoffpreise massiv gestiegen.

Diese hohen Preise seien jetzt fällig und würden von den Energieversorgern auch an ihre Kunden weitergegeben. Im zweiten Halbjahr 2008 seien die Großhandelspreise kräftig gefallen. Das werde sich mit zeitlicher Verzögerung bei den Strompreisen für die Verbraucher preismindernd auswirken, so die Regierung.

Die Weitergabe der Kostenentlastung dürfte umso rascher erfolgen, je stärker sich die Energieversorger dem Wettbewerb stellen müssten. Es sei wichtig, dass die Preise der Stromanbieter verglichen und gegebenenfalls ein Wechsel des Stromanbieters vorgenommen werde, so die Bundesregierung.

Das Duopol von RWE und E.on behindert den Wettbewerb beim Erstabsatz von Strom nach Ansicht des Bundeskartellamt, auf das die Bundesregierung verweist.

E.ON im Verdacht

In einer ungewöhnlichen Pressekonferenz hat die ZNER der Öffentlichkeit weitreichende Überlegungen zu den Ursachen der Strompreissteigerungen und deren mögliche Konsequenzen vorgestellt.

E.ON im Verdacht

(6. März 2009) In einer ungewöhnlichen Pressekonferenz hat ein energierechtliches Fachblatt, die Zeitschrift für Neues Energierecht (ZNER), der Öffentlichkeit weitreichende Überlegungen zu den Ursachen der Strompreissteigerungen der letzten sechs Jahre und deren mögliche Konsequenzen vorgestellt.

Der Verdacht, dass die Strompreissteigerungen auf eine Manipulation der Energiebörse EEX in Leipzig zurückzuführen seien, erhärte sich mehr und mehr.

Dieser Verdacht war schon in dem Sondergutachten Strom und Gas 2007 der Monopolkommission, eines Beratungsorgans der Bundesregierung, geäußert worden, das sich insoweit auf ein Gutachten von London Economics berufen hatte, in Auftrag gegeben von der Europäischen Kommission. In diesem Gutachten hatte London Economics Berechnungen vorgestellt, aus denen sich ergab, dass die Strompreissteigerungen dadurch vorangetrieben worden sein könnten, dass Stromkonzerne ihre kostengünstig produzierenden Kraftwerke bewusst zurückgehalten und nur den Strom aus teuer produzierenden Kraftwerken an der EEX feilgeboten hätten.

Dieser Verdacht war durch einen Schriftsatz des Bundeskartellamts vom 18.11.2006 bestärkt worden, den es im Fusionskontrollverfahren E.ON Mitte/Stadtwerke Eschwege geschrieben hatte. Dort wurden nicht nur Absprachen zwischen den Chefs der vier deutschen, aber auch unter den europäischen Großkonzernen dargestellt. Mit Blick auf die Börse war vielmehr besonders aufschlussreich eine Passage unter der Überschrift „Welchen Anteil haben wir an der Marktpreisentwicklung?“ für 2003: „Von März bis Juni 2003 hat ein intensiver Einsatz des EST-Eigenhandelsbuches zur Initiierung von Marktpreissprüngen und zur Absicherung von Marktpreiseinbrüchen beigetragen … EST (E.ON Sales and Trading) hat als Treiber des Marktes sehr großen Anteil am Durchstoßen eines Zielpreises.“ Für den Zeitraum Juli bis September 2003 konstatiert E.ON: „Wenig Eingriff durch EST notwendig, um Marktpreis auf hohem Niveau zu stabilisieren.“

Am 07. Mai 2008 gab die Kommission eine vorläufige Beurteilung ab, aus der sich für E.ON offensichtlich die Gefahr eines milliardenschweren Bußgeldes abzeichnete. Darauf ging der Konzern auf die Kommission zu und bot an, sein Höchstspannungsnetz und 5.000 MW seiner Kraftwerkskapazitäten zu verkaufen.

Diese Vorgänge nahm die ZNER zum Anlass, um nicht nur die wettbewerbsrechtliche, sondern auch denkbare strafrechtliche Implikationen des Verhaltens zu beleuchten. In der auf der Pressekonferenz vorgestellten Untersuchung sieht Prof. Jahn einen „Anfangsverdacht“ wegen Manipulation der Energiebörse EEX in Leipzig durch strategisches Bieten und Kaufen zum Zweck der Börsenpreisbeeinflussung. Dieses Verhalten ist nach dem Wertpapierhandelsgesetz verboten. Der Konzern könnte

  • unrichtige bzw. irreführende Angaben über die dem Handel zur Verfügung gestellte gesamte Strommenge auf der Homepage der EEX gemacht haben;
  • irreführende Signale durch gezielte Manipulation der „Merit Order“, der grenzkostenbasierten Strompreisfestsetzung, für den EEX-Spotmarkt (sogenanntes Marking the Close) gesetzt haben;
  • möglicherweise auch durch Rückkauf bereits verkauften Stroms mittels des Eigenhandelsbuches (sogenannte Wash-Sales);
  • den Markt durch gezielte Zurückhaltung eigentlich verfügbarer Strommengen getäuscht haben.

Dieser Verdacht lässt sich nun auch mit dem Abschlussbericht über die Untersuchung der Europäischen Kommission weiter erhärten, der am 13.02.2009 im Amtsblatt der Europäischen Union erschienen ist. Dort finden sich aber über die bereits bekannten Feststellungen hinaus Hinweise zu Umfang und Folgen der Kapazitätszurückhaltung:

  • Der Preis auf dem kurzfristigen Markt in Deutschland wird jeden Tag stündlich über Auktionen an der EEX festgelegt (Randziffer, Rz 33).
  • Der Preis ist das Ergebnis eines Auktionssystems, über das ein einziger Preis für den gesamten Markt festgelegt wird (Rz 35).
  • Der vorläufigen Beurteilung der Kommission zufolge hat E.ON die Strategie verfolgt, verfügbare Erzeugungskapazität kurzfristig zurückzuhalten, um die Preise in die Höhe zu treiben (Rz 36).
  • Nach Berechnungen der Kommission könnte E.ON zwischen 2002 und 2007 und insbesondere in den Jahren 2003 und 2004 einen erheblichen Teil seiner rentablen Kapazität zurückgehalten haben (Rz 37).
  • Es besteht „Grund zur Annahme, dass zwischen 2002 und 2007 verfügbare Erzeugungskapazität über Hunderte von Stunden, d. h. wiederholt und andauernd über mehrere Jahre, zurückgehalten worden sein könnte“ (Rz 82).
  • In ihrer vorläufigen Beurteilung habe die Kommission die Auffassung vertreten, „dass der kurzfristige Effekt – bei der Beeinflussung der Sportmarkt-Preise – sich zu einem langfristigen Effekt entwickeln könnte, weil die langfristigen Märkte von den Trends der kurzfristigen Preise abhingen, was bedeutet, dass ein anhaltender Anstieg der kurzfristigen Preise an der EEX in Deutschland in ein bis drei Jahren zu einem Preisanstieg bei Terminprodukten führen könnte“ (Rz 38).

Fazit: Die Kommission hat „Grund zur Annahme“, dass E.ON über sechs Jahre hinweg und über Hunderte von Stunden die Preise an der EEX in die Höhe getrieben hat. Gleichwohl wurde das Verfahren eingestellt, nachdem E.ON seine Verpflichtungszusagen abgegeben hatte. Der Kommission war offenbar der politische Erfolg, den weltgrößten Energiekonzern zu Änderungen seiner Unternehmensstrukturen gezwungen zu haben, wertvoller als ein – wenn auch ansehnliches – Bußgeld, das E.ON in jahrelangen Gerichtsverfahren attackiert hätte. Aber: Die Strukturänderungen wirken für die Zukunft. Was ist mit der Vergangenheit, in der sich die Strompreise – wie man es wohl unterstellen kann – durch Manipulation der Börse verdreifacht haben?

Das Wettbewerbsrecht kennt seit jeher das Instrument der kartellrechtlichen Preishöhenkontrolle. Marktbeherrschende Unternehmen – zu denen jedenfalls RWE und E.ON nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zählen – müssen ihre Preise einer kartellrechtlichen Angemessenheitskontrolle unterwerfen lassen.

Ein Kontrollparameter ist das Vergleichsmarktprinzip, nach Lage der Dinge in Deutschland insbesondere das zeitliche Vergleichsmarktprinzip: Hat es doch in der Zeit zwischen 1999 und 2002 einen Preiskrieg zwischen RWE und EnBW gegeben, der zu einem massiven Preisverfall führte. An den damals geltenden Preisen – nur ein Drittel so hoch wie die heutigen – müssen sich die Unternehmen messen lassen.

Das zweite Kontrollprinzip ist das sogenannte Gewinnbegrenzungskonzept: Danach darf das marktbeherrschende Unternehmen nur einen Preis verlangen, der den Produktionskosten zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags entspricht. Dieser darf sich, wendet man die Regeln über die Verzinsung des Eigenkapitals von Netzen aus dem Regulierungsrecht analog an, maximal knapp 10 % betragen.

Aus eigenen Zeugnissen der Energiewirtschaft ist bekannt, dass die Kosten der Stromerzeugung in abgeschriebenen Kernkraftwerken maximal 20 €/MWh und beim üblichen Erzeugungsmix maximal 28 €/MWh betragen. Rechnet man einen Gewinnaufschlag dazu, wie er bei der Verzinsung des eingesetzten Kapitals für Netze vom Regulierungsrecht zugelassen wird, käme man auf knapp 10 % Gewinnzuschlag. Danach dürfen Marktbeherrscher je MWh maximal 31 € verlangen – und nicht 60 € wie im Jahr 2007.

E.ON hat allein im Jahr 2007 ca. 3,6 Mrd. € zuviel verlangt. Die Überzahlung kann im Wege des kartellrechtlichen Schadenersatzes zurückverlangt werden. Das wäre die rückwirkende Kompensation, die die Kommission mit ihren strukturellen Maßnahmen nicht erreicht hat.

Das rechtliche Gefüge ist in einem Aufsatz im aktuellen Heft der Zeitschrift für Neues Energierecht (ZNER) dargestellt. E.ON-Kunden könnten für die Durchsetzung ihrer Rechte vor Gericht darauf zurückgreifen.

Weitere Informationen hier: ZNER-Presseinformation 06.03.2009 EON-Konzern

 

EEX-Preise gegenüber dem Markt zu hoch !

Brief an Frau Streb von Gunnar Harms

EEX-Preise gegenüber dem Markt zu hoch !

(17. Januar 2004)  

Sehr geehrte Frau Streb,

im Juli letzten Jahres habe ich mich an Sie (d.h. die Monopolkommission) gewandt, weil ich vermutet hatte, daß der Stromgrosshandel über die EEX von der Versorgerseite manipuliert wird (Meine Mail vom 15.7.03). Wir führten daraufhin auch ein Gespräch. Sie werden sich sicher noch erinnern. Die von mir geäußerte Vermutung wird auch von vielen Marktteilnehmern bestätigt, u.a. wandte sich z.B. der VIK mit einem entsprechenden Brief an das sächsische Wirtschaftsministerium. Der Vorwurf, daß die etablierte Versorgunsgswirtschaft verstärkt ab Mitte 2003 die geringe Liquidität an der EEX bewußt ausgenutzt hat, um - zum Beispiel durch gegenseitige Geschäfte, die zwar abgeschlossen werden und in der Handelsstatistik der EEX erscheinen, aber nicht zur physischen Lieferung kommen, wie Ihnen damals beschrieben - den Preis nach oben zu treiben und damit auch die Terminnotierungen für 2004 nachhhaltig zu erhöhen, steht nach wie vor im Raum.

Er konnte bisher weder bewiesen noch widerlegt werden, eine zentrale Rolle dabei spielt sicher auch die geringe Bereitschaft der EEX zur Transparenz (neben den Netzbetreibern, die die ihnen zugänglichen Daten zu Lastprognosen im Gegensatz zur Praxis anderen europäischen Ländern in Deutschland nach wie vor nicht veröffentlichen müssen und damit den Ihnen nach wie vor verbundenen Erzeugern einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gewähren können).

Ich habe nun etwas mehr als ein Jahr lang die EEX-Preise verfolgt und insbesondere die Preisbildung im kontinuierlichen Handel (jeweils vormittags bis 11.30 Uhr, Preis des letzten Handelsabschlusses) gegen die Preisbildung der Auktion (12.00 Uhr) verglichen. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, daß das durchschnittliche Preisniveau im kontinuierlichen Handel nachhaltig höher ist als sich später in der Auktion als tatsächliches Marktniveau herausstellt. Insbesondere bei Peak (Hochpreiszeit, Stromlieferungen jeweils am Folgetag von 8.00-20.00) ist das besonders ausgeprägt. Siehe dazu auch die anhängende Datei. Es sind alles öffentlich zugängliche Daten (www.eex.de), Sie können sie beliebig verwenden.

Zu Ihrer Erklärung: Am kontinuierlichen Handel nehmen nur sehr wenige Marktteilnehmer teil, es werden manchmal tagelang überhaupt keine Trades abgeschlossen, meist sind es 2-3, manchmal bis 5, maximal 8-10. Dieser Handel schließt um 11.30 Uhr. In der Auktion um 12.00 Uhr aber müssen dann aber alle Marktteilnehmer spätestens Ihre ggf. noch offenen Positionen für den nächsten Tag glattstellen, die Händler sogar mit unlimitierten Aufträgen !!! (kein Anspruch auf Ausgleichsenergie), nur die Teilnehmer mit Erzeuger- und Verbraucherbilanzkreisen können dann noch mit limitierten Orders arbeiten. In jedem Fall stellt sich dort in der Auktion der marktnähere Preis ein, weil die Liquidität viel höher als im kontinuierlichen Handel ist und die Händler ihre dann noch offenen Mengen sogar zu jedem Preis auf den Markt werfen bzw. kaufen müssen.

Wie ich Ihnen bereits erläutert habe, ist die geringe Liquidität im kontinuierlichen Handel geradezu eine Einladung, zu probieren, ob und inwieweit man mit gezielten Orders den Markt beeinflussen kann.

Das Ergebnis meiner Analyse, daß nachhaltig und nicht nur punktuell ein signifikanter durchschnittlicherPreisabstand ca. 4% bei Baseload und sogar ca. 8% bei Peak (ist das lukrativere Produkt) zwischen kontinuierlichem Handel und der Auktion besteht, untermauert meine These, daß offenbar Marktteilnehmer gezielt versuchen, im kontinuierlichen handel am Vormittag die Preise nach oben zu treiben. Dies aus zweierlei Gründen:

Erstens orientiert sich der Terminmarkt weitgehend am Spotmarkt, das heißt, hohe Spotpreise führen erfahrungsgemäß auch zu höheren Terminpreisen und zweitens kann derjenige Marktteilnehmer, der den Markt nach oben getrieben hat, dann am gleichen Tag eine halbe Stunde später in der Auktion seine Verkaufsmengen zu einem höheren Preis auf den Markt werfen. Etwas zu verkaufen hat naturgemäß die Versorgerseite, die Verbraucher eher weniger.

Da die Kundenseite naturgemäß ein Interesse an niedrigen Preisen hat und nur die Versorgerseite von höheren Preisen profitiert, kann man sich leicht denken, wer ein Interesse an der von mir geschilderten Vorgehensweise hat und wo die möglichen Verursacher daher zu suchen sind.

Eine statistische gesicherte Abweichung vom Erwartungswert (durchschnittliche Preisdifferenz müßte eigentlich Null sein) ist m.E. immerhin ein sicheres Indiz dafür, daß eine gezielte Einflußnahme auf die Preisbildung vorliegt, auch wenn daraus nicht erkennbar wird, wer das in welcher Form und welchem Maße tut.

Mit freundlichen Grüßen Gunnar Harms

Strombörse EEX transparenter

Die Leipziger Strombörse EEX will künftig Gebotskurven der Spotmarktauktionen veröffentlichen.

Strombörse EEX transparenter

(10. November 2003) - Die Leipziger Strombörse EEX will künftig Gebotskurven der Spotmarktauktionen veröffentlichen. Zusammen mit der Veröffentlichung von Preisindizes und der anonymisierten Veröffentlichung von Preis und Umsatz jedes einzelnen Geschäfts soll dies den Markt transparenter machen, so die EEX. Dies sei aber keine Offenlegung des Handelsverhaltens einzelner Teilnehmer, um angebliche "Market Movers" zu entlarven.

Der Börsenrat reagiert damit auf die Kritik, die von Seiten der Stromkunden, des VIK und des Bund der Energieverbraucher vorgebracht wurden.

VIK vermutet Preisabsprache an der EEX?

Im Juni stieg der Preis für eine Spitzenlast-Stromlieferung im dritten Quartal des laufenden Jahres am EEX-Terminmarkt von 37,35 auf 47,68 Euro pro MWh, also um 28%.

VIK vermutet Preisabsprache an der EEX?

(24. Juli 2003) Im Juni stieg der Preis für eine Spitzenlast-Stromlieferung im dritten Quartal des laufenden Jahres am EEX-Terminmarkt von 37,35 auf 47,68 Euro pro MWh, also um 28%.

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), Essen, hat nun Börsenaufsicht, Börsenrat und Bundeskartellamt aufgefordert, diesen Anstieg zu überprüfen, der weder durch Wetter-, Kraftwerks- oder Verbrauchsveränderungen zu erklären sei. Ein Missbrauch durch eine kapitalstarke Gruppe, die möglichweise die Preise hochtreibt, könne nicht ausgeschlossen werden.

Deutsche Strombörse EEX im Zwielicht

Die Strombörse EEX wird nach Meinung von Experten und Marktteilnehmern von den wenigen Big-Playern manipuliert

Deutsche Strombörse EEX im Zwielicht

Die Strombörse EEX wird nach Meinung von Experten und Marktteilnehmern von den wenigen Big-Playern manipuliert. So stiegen die Stundenpreise im Dezember 2001 von durchschnittlich 2 Cent je kWh auf über einen Euro.
Und auch am 9. Juli 2002 gab es wieder einen Preissprung: Aktuelle Informationen über Netzbelastung, Kraftwerkskapazitäten und Importmengen haben anders als in anderen Ländern in Deutschland nur die Großfirmen, die über die Kraftwerke und zugleich auch die Übertragungsnetze verfügen.
Der Bund der Energieverbraucher hat die Aufsichtsbehörden eingeschaltet und bessere Information und Aufsicht gefordert.

516 Logo EEX Strombörse

(02. Juli 2003) Zum Gleichgewichtspreis (MCP = Market Clearing Price) gibt es ebensoviel Anbieter wie Nachfrager nach Strom. Bei höherem Preis gäbe es mehr Angebote, jedoch zuwenig Nachfrage. In Großbritannien, Nordeuropa und in den USA wird Strom über eine Börse gehandelt, den Nord Pool in Oslo, die Amsterdam Power Exchange (APX) oder die California Power Exchange (CalPX).
Auch in Deutschland wird etwa zehn Prozent des Stroms über die Energy Exchange (EEX) in Leizpig gehandelt.

Der Vorteil einer Börse liegt auf der Hand: Jeder Käufer kauft zum gleichen Preis, jeder Anbieter bekommt den gleichen Preis, die Börse ermittelt einen für Anbieter und Nachfrager günstigen sowie fairen Preis und der Zugang zur Börse ist öffentlich und frei. Strategische Preismanipulationen (Gaming) müssen ausgeschlossen sein.

Preissprünge an der EEX im Dezember 2001 und im Juli 2002 lassen den Verdacht aufkommen, dass die EEX-Preise manipuliert werden. Strukturelle Reformen und eine unabhängige Aufsichtsinstanz erscheinen deshalb unabdingbar.

In Deutschland gibt es nach der im August 2002 vollzogenen Fusion der beiden Strombörsen LPX (Leipzig) und EEX (Frankfurt) nur noch eine Strombörse: die EEX in Leipzig.

In den Börsenbeirat wurden entgegen den Bestimmungen des Börsengesetzes keine Anlegervertreter, also z.B. betroffene Verbraucher berufen. Zum Börsenratsvorsitzenden wurde der Vorstand von RWE Net AG berufen.

Die Überwachung verbotener Preismanipulationen obliegt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Frankfurt.

Wie die Strombörse EEX funktioniert

An der EEX gibt es einen Spotmarkt und einen Handel mit längerfristigen Lieferverpflichtungen .......

Wie die Strombörse EEX funktioniert

(02. Juli 2003) An der EEX gibt es einen Spotmarkt und einen Handel mit längerfristigen Lieferverpflichtungen (Futures). Am Spotmarkt werden die Stromlieferverträge jeweils am Vortag der physischen Erfüllung gehandelt ("Day-ahead-market").

Die Verträge beziehen sich auf die Lieferung oder die Abnahme einer Strommenge während einer festgelegten Stunde, z.B. 10 MW Stromlieferung am morgigen Tag zwischen 16 Uhr und 17 Uhr in einem festgelegten Gebotsgebiet (Regelzone). Der Spotmarkt funktioniert nach dem Auktionsprinzip.

Gebote für die physische Erfüllung der Stromlieferung werden am Vortag der Erfüllung bis 12 Uhr bei EEX per Internet oder Fax anonym abgegeben. Um 12 Uhr erfolgt die Preisberechnung, auch Fixing genannt. Die angebotenen und nachgefragten Mengen werden zu je einer Angebots- und Nachfragekurve für Gesamtdeutschland zusammengefasst.

Grafik aggregierter Kauf und Verkauf

Wo sich die beiden Kurven schneiden, stimmen Angebot und Nachfrage überein. Bei dem so ermittelten Preis (MCP = Market Clearing Price) sind Anbieter bereit, das ermittelte Volumen anzubieten und die Nachfrager sind bereit, genau diese Menge zu diesem Preis nachzufragen.

Anders als z.B. die Amsterdamer APX veröffentlicht die EEX nur den MCP und die insgesamt gehandelten Mengen. Die Angebots- und Nachfragekurven werden nicht veröffentlicht und auch nicht die Einzelangebote und -nachfragen.

Gehandelt werden Strommengen ab 0,1 MWh/pro Stunde (100 kWh). Unternehmen, die über entsprechende Nachfragen bzw. Angebote verfügen, können selbstverständlich an der EEX handeln. Da sowohl die finanziellen Aufwendungen (Gebühren) als auch die DV-technischen Anforderungen gering sind, ist die EEX auch für kleinere Unternehmen interessant.

Börsenmanipulation in Kalifornien

Erzeugung und Verteilung in Deutschland - Strompreise explodieren - Unbefriedigende Erklärungen ............

Börsenmanipulation in Kalifornien

(02. Juli 2003) Im Zusammenhang mit der Pleite von Enron in den USA gab es interessante Enthüllungen. So wurde bekannt, dass Enron in Kalifornien die Übertragungskapazitäten absichtlich hoch belastet hatte.

Die so künstlich erzeugte Verknappung wurde dann von Enron genutzt, um exorbitant hohe Strompreise zu erzielen. Die enge Verknüpfung zwischen Netzbetrieb und einem hohen Anteil an den Erzeugungskapazitäten in einer einzigen Firma erleichtert Manipulationen, die nachträglich nur schwer zu beweisen sind.

Erzeugung und Verteilung in Deutschland in wenigen Händen

Die Stromerzeugung in Deutschland liegt in den Händen von wenigen großen Firmen: Über 70% der deutschen Stromerzeugungskapazität gehört den beiden Firmen RWE und E.on.
Die Verbundunternehmen sind auch Besitzer der Höchstspannungsleitungen. Aber auch die Stromabgabe teilen die Großen zum großen Teil unter sich auf.

Strompreisexplosion im Dezember 2001

An der Strombörse LPX - dem Vorläufer von EEX - gab es am 17. und 18. Dezember 2001 einen historisch einzigartigen Anstieg der Strompreise zwischen 16 Uhr und 20 Uhr: Die Preise stiegen von den üblichen Werten von 2,5 bis 4 Cent um 2.500 Prozent auf einen Euro je kWh, im außerbörslichen Handel (OTC = over the Counter) sogar um 5.000 Prozent auf zwei Euro.

Zwischen 17 und 18 Uhr wurde der Handel an der Börse sogar völlig ausgesetzt. Wer Strom von der Börse brauchte, musste nun plötzlich ein Vielfaches zahlen.

Wer ein Kraftwerk betrieb, der konnte seinen Strom zum vielfachen Preis veräußern.
"Derartige Preissprünge sind ökonomisch nicht zu erklären" so Dr. Helle von der MVV Energie AG.
Der Frage nach den Ursachen ging Dr. Stephan Illerhaus (Statkraft Norwegen) in einem Vortrag vor der renommierten Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik in Düsseldorf am 20.06.2002 sehr gründlich nach.

Naheliegende Erklärungen befriedigen nicht

Es gibt eine ganze Reihe naheliegender Erklärungsansätze für die Preisexplosion.

So ist die Belastung des Stromnetzes in dieser Jahreszeit höher als im ganzen übrigen Jahr: Dunkle Jahreszeit, Kälte, hektische Geschäftigkeit in allen Betrieben. Auch die Witterung, die Brennstoffpreise, die Wechselkurse und die Kraftwerksverfügbarkeit müssen in die Betrachtung einbezogen werden.

Die Verfügbarkeit der deutschen Kernkraftwerke war im Dezember 2001 sehr hoch. Sie lag bei über 95%. Philippsburg 2 war gerade wieder ans Netz gegangen. Das Atomkraftwerk Brunsbüttel hatte man nach einer Explosion am 14.12.2001 einfach weiterlaufen lassen.

Die Preise von Steinkohle, von Rohöl und der Dollar/Euro-Wechselkurs zeigten keine außergewöhnlichen Bewegungen.

Lediglich die Temperaturen lagen am 14.12.2001 auf einem historischen Tiefstwert von Minus Neun Grad unter der üblichen Temperatur in Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz. Am 18.12. hatten sich die Temperaturen aber bereits wieder auf ein Grad unter der üblichen Temperatur erholt.
Als außergewöhnlicher Faktor kommt zur Witterung die Pleite von Enron hinzu, die gerade in jenen Tagen einen großen Player vom Markt verschwinden ließ.

Stephan Illerhaus zog das Fazit

Die Situation im Dezember bot beste Voraussetzung für Gaming (Preismanipulation). Dies könnte auch zwei Tage lang gelungen sein, ohne dass es aufgrund der Situation besonders auffiel.
Die EEX/LPX ist dafür besonders anfällig, da sie für viele Händler die zeitlich letzte Möglichkeit in Europa darstellt, Deckungslücken zu schließen. Die mangelnde Markttransparenz begünstigte die Überreaktionen.
Anfang Juni bis Mitte Juli 2002 gab es wiederum bemerkenswerte und unerklärliche Strompreissprünge an der EEX nach oben.

Die Folgen der Strompreisexplosionen

Die Preisspitzen im Dezember haben die Preise für Forwards für das Jahresband um zwei Euro steigen lassen. Mit Forwards sichern sich Stromhändler gegenüber künftigen Preisrisiken ab.

Hätte jemand am 13.12.2001 die Preissprünge vermutet und 100 MW gekauft, so hätte er an diesem Kauf am 19. 12.2001 1,75 Mio. Euro verdient. Ob und von wem solche Käufe möglicherweise getätigt wurden, ist unbekannt.

Die Verbundnetzbetreiber haben in Deutschland ein Informationsmonopol und einen Wissensvorsprung: Sie allein kennen die Lastverläufe, die Kraftwerkseinsatzplanungen und die grenzüberschreitenden Stromflüsse.
Die übrigen Marktteilnehmer haben demgegenüber das Nachsehen. Sie werden dadurch absichtlich im unklaren gelassen über den Wert ihrer Angebote.

In anderen Ländern sind weitaus mehr Informationen öffentlich im Internet einsehbar, z.B. in Kalifornien und Finnland.

Daten für Deutschland geheim

Die Kraftwerksbetreiber, identisch mit den Netzbetreibern, geben in Deutschland auch nicht den Ausfall von Kraftwerken oder ihre Planung für die Revision großer Blöcke bekannt. Für den Nordpool-Bereich (Skandinavien) werden die Kraftwerksverfügbarkeiten regelmäßig veröffentlicht. Für Frankreich, Spanien, UK und Italien wird die Netzbelastung, also die Summe der Stromnachfrage veröffentlicht.

Der Aktienmarkt kennt Offenlegungspflichten, die es am Strommarkt bisher nicht gibt. Daher müssen nun schnellstens die Spielregeln geändert werden, um die Strombörse nicht den ohnehin übermächtigen Big-Playern zu überlassen.

Kommentar eines Stromhändlers, der aus dem Wertpapiergeschäft in den Stromhandel gewechselt hatte: "Wäre so etwas an der Wertpapierbörse passiert, dann hätte es sofort eine Untersuchung durch das Bundeaufsichtsamt für den Wertpapierhandel gegeben."

Genau eine solche Untersuchung hat jetzt der Bund der Energieverbraucher e.V. durch eine Beschwerde angestoßen. Hoffnung gibt das neue verschärfte Recht gegen Marktpreismanipulationen, das seit 1. Juli 2002 in Kraft ist.

letzte Änderung: 30.05.2018