Energieunrecht
Dokumentationsstelle
für widerrechtliche Versorgungssperren
im Bund der Energieverbraucher e.V.
Mailadresse: energieunrecht@energieverbraucher.de
Online-Formular zum Selberausfüllen (s. unten)
Personalie: Thomas Schlagowski betreut seit dem 1. Januar 2010 die Erfassungsstelle Energieunrecht. Die E-Mail-Adresse ist unverändert: energieunrecht@energieverbraucher.de
Kontaktdetails:
Erfassungsstelle Energieunrecht im Bund der Energieverbraucher e. V.
Thomas Schlagowski
Neuer Korbmachersand 11
21129 Hamburg
Sprechstunde: Di. 9-13 Uhr
Tel.: 0 22 24 123 12 48
Schnelle Hilfe aus Hamburg
Das Büro für Energieunrecht des Bundes der Energieverbraucher hilft vielen Betroffenen bei einer Sperrandrohung. Thomas Schlagowski berichtet über zwei kritische Fälle aus seiner praktischen Arbeit.
(15. Dezember 2013) Ein wesentlicher Pluspunkt der Arbeit unseres Büros für Energieunrecht ist sicherlich die sehr schnelle Hilfe. Teilweise muss innerhalb von Stunden interveniert werden, um von Versorgungssperren bedrohten Menschen schnell zur Seite zu stehen.
Bei den unzähligen Sperren, die inzwischen tagtäglich von den Versorgern ausgesprochen werden, bleibt zwangsläufig die Würdigung ganz spezieller Lebenssituationen Einzelner auf der Strecke. Für uns ist es von Vorteil, einen „heißen Draht“ zu den oberen Entscheidungsebenen der jeweiligen Versorgungsunternehmen zu haben, die dann meistens zügig den Vorgang erneut prüfen und entscheiden.
So wurde in einem dramatischen Fall einer Familie gleich eine dreifache Versorgungssperre angedroht (Gas, Wasser und Strom), obwohl sie ein schwerst hirngeschädigtes Kind zu versorgen haben. Die Exekution dieser Sperren hätte für das Kind unmittelbar eine lebensbedrohende Situation bedeutet. Die Eltern waren natürlich verzweifelt, als sie sich bei uns meldeten.
Also wandten wir uns sofort persönlich an den Geschäftsführer des Versorgungsunternehmens und forderten eine umgehende Prüfung und Stellungnahme. So erfuhren wir dann aber auch, dass dem Versorger bisher tatsächlich kein offizieller Nachweis vorlag (zum Beispiel ein ärztliches Attest), dass für das Kind „zwingend medizinische, mit Strom betriebene Geräte benötigt werden“. Nun, wenn es nur daran liegen sollte, dem konnte man schnell abhelfen. Der erforderliche Nachweis wurde beigebracht. Es gab ein Happy End: Die Sperre wurde dann nicht ausgeführt. Die Beteiligten, und zwar beide Seiten, müssen sich allerdings im nachherein kritisch fragen lassen, warum die Sache erst so eskalieren musste und warum man das nicht hätte viel eher vom Tisch haben können.
Sperrandrohung bei Sterbenskranken
In einem anderen Fall erreichte uns an einem frühen Vormittag der verzweifelte Hilferuf einer (selbst an Krebs erkrankten) Kundin, deren Mann im Sterben liegt (auch er benötigte Beatmung). Ihr sollte noch am gleichen Tage der Strom gesperrt werden. Also haben wir zunächst versucht, die aufgeregte Kundin zu beruhigen. Unter solchen Umständen darf einfach nicht der Strom abgeschaltet werden (sog. „unverhältnismäßige Härte“ bei Schwerbehinderten). Sie wurde durch uns auch schnell „fit“ gemacht, wie sie sich verhalten soll, wenn der Absperrbeauftragte tatsächlich in Kürze bei ihr klingelt (Kopie unserer E-Mail an die Geschäftsführung des Versorgers und Schwerbehinderten-Ausweis vorlegen, Ausweis des Beauftragten zeigen lassen und Namen notieren, wichtige Aussagen protokollieren.
Sofort schickten wir dann auch hier eine kurze Blitz-E-Mail zu Händen des Geschäftsführers des Energieversorgers, wiesen ihn auf die grundsätzliche Unzulässigkeit hin, baten um eine wohlwollende Prüfung des Vorgangs und entsprechende Intervention. Kurze Zeit später meldete sich ein Mitarbeiter bei uns, die Sperre wurde nicht exekutiert. Wir haben dann umgehend der Kundin telefonisch diese gute Nachricht übermittelt. Eine reibungslose Kommunikation mit dem Versorger ist in solchen Fällen wichtig. Nicht beantwortete Schreiben oder verschlossene Türen lösen das Problem nicht, sondern lassen es nur unnötig eskalieren. Frau H. war unglaublich erleichtert.
Diese beiden Fälle haben uns besonders berührt und motivieren uns weiter, den (oft schuldlosen) Schwachen in unserer Gesellschaft zur Seite zu stehen.
Telefonisch, per E-Mail oder über das Internet erhält das Büro für Energieunrecht unverändert viele Notrufe
Erste Hilfe mit großer Wirkung
Telefonisch, per E-Mail oder über das Internet erhält das Büro für Energieunrecht unverändert viele Notrufe von besorgten, ja teilweise sogar verängstigten Strom- und Gaskunden. Betroffen sind Verbraucher aus allen Teilen der Bundesrepublik, denen der Versorger mit einer Sperre droht. Insgesamt rechnen Experten mit etwa zwei Millionen Sperrandrohungen jährlich.
Von Thomas Schlagowski
(10. September 2011) Häufig können wir schnell helfen. Kleine, aber entscheidende Tipps genügen manchmal, vor Ort rasch eine gütige Einigung zu finden. Eine weitere Eskalation wird verhindert – somit agieren wir letztlich auch im Interesse der Versorgungswirtschaft.
Thomas Schlagowski, Büro für Energieunrecht, Mobil 01577-5749700, Dienstag 9.00 – 13.00 Uhr, energieunrecht@energieverbraucher.de
Unsere Erfahrung zeigt, dass ein persönliches und freundliches Gespräch auf Augenhöhe mit aufgeschlossenen Mitarbeitern in einem der Kundencenter oft Wunder bewirkt. Das gilt insbesondere, wenn der Kunde mit sortierten Unterlagen gut vorbereitet in das Gespräch geht und beim Versorger seine grundsätzliche Zahlungswilligkeit dokumentiert.
Oft gibt es auch Umstände, die eine Strom- oder Gassperre als sogenannte „unverhältnismäßige Härte" von vornherein verbieten. Dazu gehört zum Beispiel eine alleinerziehende, junge Mutter mit mehreren Kleinkindern im Haushalt, ein Schwerbehinderter oder ein schwer Erkrankter, die so schon ein schweres Los zu tragen haben. Die Versorger kennen jedoch meist diese persönlichen Lebensumstände nicht, da solche Fakten bei Vertragsabschluss nicht erhoben werden. Fehlentscheidungen sind daher vorprogrammiert.
Meist genügt es in solchen Fällen, wenn der Kunde selbst kurz auf die Tatsachen hinweist. Die meisten Versorger nehmen dann (teilweise mit ausdrücklichem Bedauern) ihre Androhung zurück. Generell kann gesagt werden, dass Energieversorger vorsichtiger agieren, wenn sie informiert sind, dass wir den Vorgang beobachten. Meist stellt das Unternehmen weitere Aktionen gegen den Kunden stillschweigend ein.
Selbst wenn Hartz-IV-Empfänger plötzlich ohne eigenes Verschulden ohne einen Cent da stehen – etwa, wenn ihr Antrag in der Bürokratie stecken geblieben ist – und ihnen eine Stromsperre droht, können wir meist rasch helfen. Dabei verweisen wir auf die sehr konkreten Empfehlungen im Ratgeber „Energie für Verbraucher" (von Dr. A. Peters, L. Holling). Allerdings kennen Betroffene meist die ihnen zustehenden Rechte nicht.
Der Bluff mit der Sperrandrohung
Zunehmend stellen wir die Unsitte fest, dass Energieversorger schon in bloßen Mahnschreiben sehr geschickt den Eindruck erwecken, dass es sich bereits bei diesem Schreiben um eine Sperrandrohung handelt.
Formal handelt es sich bei diesem Schreiben zwar „nur" um eine Mahnung. Doch im Text wird der Begriff „Sperre" ganz bewusst nicht nur beiläufig erwähnt. Das Thema füllt vielmehr mehrere Zeilen. So ist es zum Beispiel üblich, das der Energieversorger schon in der 1. Mahnung die genauen Sperrkosten aufführt und sogar ankündigt, dass man bei nicht festgestelltem Zahlungseingang bis zum gesetzten Termin den „Sperrbeauftragten" einschaltet. Damit wird jedoch beim Empfänger des Schreibens absichtlich ein falscher Eindruck erweckt.
Dass diese bewusste Täuschung leider immer wieder Kunden ins Bockshorn jagt, können wir bestätigen: Viele der Hilferufe, die uns erreichen, entpuppen sich bei weiterem Nachfragen eben nicht als Sperrandrohung, sondern als standardisiertes Mahnschreiben, wie es die Buchhaltung des Versorgers wohl tagtäglich zu Hunderten automatisiert ausspuckt.
Eine richtige Sperrandrohung erkennt man daran, das sie auch als solche im Briefkopf ausdrücklich benannt ist und einen konkreten Termin (Tag) sowie eine bestimmte Uhrzeit oder einen Zeitraum nennt, zu dem der Sperrbeauftragte erscheinen wird. Des Weiteren hat sie die üblichen Fristen einzuhalten (zugestellt mindestens vier Wochen vor dem Sperrtermin und dann nochmals drei Tage davor).
Anbieterwechsel löst nicht das Problem
Mehrfach mussten wir feststellen, dass von Sperren bedrohte Kunden glauben, ein Anbieterwechsel schaffe alle Probleme aus der Welt. Wenn der Wechsel gelingt, dann kann der alte Anbieter tatsächlich keine Versorgungssperre mehr erwirken. Jedoch tauschen sich im Rahmen der Antragsprüfungen die beiden beteiligten Versorger aus. Oft nimmt ein anderer Versorger dann solche Anträge gar nicht erst an.
Preisprotest und Kündigungen
Etliche §315-Widersprecher mit Sondervertrag sind in der Vergangenheit leider in eine Falle getappt in dem Irrglauben, dass ein Versorger bei einem laufenden §315-Widerspruch nicht einseitig und fristgemäß den bestehenden Vertrag kündigen kann. Er kann!
Was ist in so einem Fall zu tun? Innerhalb der verbleibenden Kündigungsfrist sollte der §315-Widersprecher sich unbedingt einen neuen Versorger suchen, etwa über www.verivox.de.
Gelingt dies nicht, dann fällt der Verbraucher nach der Kündigung automatisch in die sogenannte „Ersatzversorgung" mit höheren Preisen. Der Widersprecher kann sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf den früheren „Widerspruchspreis" beziehen und seine Abschläge/Jahresabrechnungen kürzen.
Fordert der Energieversorger Zahlungsausgleich, unterliegt der Kunde nicht mehr der „Schutzfunktion" des § 315. Die Forderungen sind in diesem Fall fällig. Werden diese nicht ausgeglichen, ist der Versorger grundsätzlich zur Sperre berechtigt. Wir raten in diesen Fällen zur umgehenden Zahlung der offenen Beträge aus dem neuen Vertrag; die gekürzten Beträge aus dem Altvertrag dürfen da allerdings natürlich nicht aufgeschlagen werden.
Negativ-Preis „Trübe Funzel"
Wir werden weiterhin rechtswidrigen Sperrandrohungen auf der Spur bleiben. Dabei nehmen wir ausschließlich die jeweiligen Vorstände oder Geschäftsführer der betreffenden Unternehmen in die Verantwortung. In eklatanten Fällen vergibt der Vorstand des Bundes der Energieverbraucher auf Vorschlag des Büros für Energieunrecht die „Trübe Funzel" und stellt damit auch eine entsprechende Medienwirkung sicher.
Die nächste „Trübe Funzel" ist schon in der Pipeline, ein betroffenes Unternehmen hat schon entsprechende Vorwarnungen erhalten.
+++ Kurz vor Redaktionsschluss zur ENERGIEDEPESCHE 03/11 +++
Ein Hilferuf erreicht uns aus Stockstadt: Frau P., in der 38. Woche schwanger (also kurz vor der Niederkunft), wurde soeben der Strom abgestellt.
Aus der Mail an den Vorstand des Unternehmens:
Wir, das Büro für Energieunrecht (im Bund der Energieverbraucher) wurden gestern von Ihrer Kundin Frau P. informiert, dass man gestern kurz vor 14 Uhr bei ihr eine Stromsperre durchgeführt hat, und dies, obwohl die Kundin in der 38. Woche hochschwanger ist und kurz vor der Niederkunft steht.
Sie wissen, dass eine Stromsperre bei einer Schwangeren eine unverhältnismäßige Härte bedeutet. Zudem befinden sich im Haushalt der Betroffenen drei Kleinkinder UND es besteht eine ausreichende Aussicht auf Zahlung. Die Sperre wäre damit rechtswidrig.
Obwohl all diese Umstände bereits vorher bekannt waren, hat Ihr Sperrbeauftragter Herr H. gesagt, er hätte seinen Auftrag auszuführen. Und bei einem Telefonat mit einem Ihrer Sachbearbeiter wurde nur lapidar erwidert: „Wir sind kein Sozialamt."
Ergebnis: Das Unternehmen rief uns umgehend zurück und nahm die Stromversorgung wieder auf. Es ist zu hoffen, dass die Verbraucherin am Ende nicht mit den Kosten für die rechtswidrige Sperre belastet wird.
Manche Energieversorger nehmen es mit ihrer Veranwortung gegenüber ihren Kunden nicht so genau und überschreiten deutlich den Rahmen von Gesetz und Anstand
Verbotene Sperren
Manche Energieversorger nehmen es mit ihrer Veranwortung gegenüber ihren Kunden nicht so genau und überschreiten deutlich den Rahmen von Gesetz und Anstand – so zum Beispiel die Stadtwerke Kassel. Leider kein Einzelfall, wie Thomas Schlagowski aus Hamburg berichtet.
(23. März 2011) Das Büro für Energieunrecht erhält Hilferufe von Strom- oder Gaskunden, die von Versorgungssperren bedroht sind. Meist können wir schnell Hilfestellung leisten, in dem die Kunden über ihre Rechte informiert oder individuelle Maßnahmen erarbeitet werden. Erfreulicherweise reagieren die meisten Versorger positiv auf unsere Intervention. Vereinzelt gibt es aber Fälle, die sich unrühmlich aus der Masse herausheben.
Stadtwerke Kassel am Pranger
So im Falle eines erblindeten Kunden, dessen junge Familie von den Stadtwerken Kassel unter anderem Strom und Gas bezieht. Seit 2006 machte die Familie von ihrem Recht Gebrauch, den Preiserhöhungen bei Strom und Gas nach §315 BGB zu widersprechen.
Die Rechtsprechung ist eindeutig: Forderungen, deren Billigkeit nicht nachgewiesen wurde, sind nicht fällig („Schutzfunktion" des §315 BGB). Und es ist anerkannte Praxis, dass eine Sperre bei einem Blinden „unverhältnismäßig" und damit nicht zulässig ist.
Darüber setzten sich die Stadtwerke jedoch hinweg und stellten einfach den Strom ab! Den Sehbehinderten traf dies mit voller Härte, denn es beraubte ihn aller elek-trischen Hilfsmittel wie seines PCs, um seinen Lebensalltag meistern zu können. Ungerührt berechneten die Stadtwerke auch noch Sperrkosten in Höhe von 155 Euro. Verzweifelt suchte die Familie das Kundencenter auf, dort stellte man sie vor die Wahl: Entweder sie zahlen oder der Strom bleibt abgestellt. Die Kunden empfanden dies als Erpressung.
Doch das war nicht genug: Kurze Zeit später kündigten die Stadtwerke die nächste Sperre an, und zwar für Gas. Diese Kaltschnäuzigkeit stellt leider den traurigen Rekord in unseren bislang dokumentierten Fällen auf. Wir haben die Stadtwerke zur Rede gestellt und erhielten eine fünfseitige Antwort. Darin versuchten die Verantwortlichen, mit einem Gemisch aus inzwischen teilweise wieder aufgehobenen Landgerichtsurteilen sowie nicht ausreichend belegten Behauptungen und Zitaten ihre Fehler zu rechtfertigen. So soll den Stadtwerken nicht bekannt gewesen sein, dass der Kunde sehbehindert war. Das lässt sich jedoch leicht widerlegen. Um dem Fass den Boden auszuschlagen, empörten sich die Stadtwerke, dass ein behinderter Kunde keinen Anspruch auf kostenlosen oder verbilligten Energiebezug habe (was wir in der Form nie gefordert haben). Zudem behalte man sich vor, auch weiterhin Gassperren bei Blinden auszuführen.
1.000 Euro Kaution
In einem anderen Fall aus Baden-Württemberg will ein Versorger offenbar einer Kundin das Leben schwer machen. Da schafft es eine allein stehende junge Frau gerade so eben, ihre Rechnungen regelmäßig zu begleichen, da teilt man ihr plötzlich mit, sie möge sofort eine Sicherheitsleistung von 1.000 Euro zahlen, ansonsten werde man sie sperren. Versorger können zwar so eine Sicherheitsleistung verlangen, sie muss aber begründet und angemessen sein. Einen Grund können wir derzeit nicht erkennen. In diesem Fall baten wir direkt die zuständige Sachbearbeiterin um Stellungnahme. Leider lief die gesetzte Frist jetzt ergebnislos ab. Aber auch für diese Kundin werden wir nachfassen und uns – wie sonst üblich – gleich direkt an die Geschäftsleitung wenden; wir lassen nicht locker.
Gütliche Einigung in Lörrach
Zum Schluss ein erfreulicher Fall. Wir bekamen vor einiger Zeit die Meldung eines schwer behinderten Kunden aus Lörrach, der schon mehrere Monate wegen einer Gassperre im Kalten saß. Der Vorgang war bereits sehr unglücklich eskaliert. Auslöser des Ganzen war ein kleiner Rückstand, der zu einer Sperrandrohung führte (die so nie hätte ausgeführt werden dürfen, nur der Versorger wusste nichts von der Behinderung). Der Kunde hielt gegen, machte es dem Versorger auch nicht gerade leicht, der Ton wurde zunehmend härter. Hier konnte es eigentlich nur die Lösung eines Aufeinander-Zugehens geben. Und tatsächlich, der Versorger war nach Prüfung bereit, auf sämtliche durch den Streit entstandenen Zusatzkosten zu verzichten.
Die wenig ehrenhafte Auszeichnung für beispiellos schlechtes, kundenunfreundliches und womöglich sogar gesetzeswidriges Verhalten im Energiesektor ging beide Male nach Hessen
Hessen wird Hochburg für "Trübe Funzel"
(9. September 2010) Gleich zweimal hat der Vorstand des Bundes der Energieverbraucher vor wenigen Tagen die "Trübe Funzel" verliehen.
Die wenig ehrenhafte Auszeichnung für beispiellos schlechtes, kundenunfreundliches und womöglich sogar gesetzeswidriges Verhalten im Energiesektor ging beide Male nach Hessen: an die Stadtwerke Bad Homburg sowie an Taunagas Oberursel.
Der Vereinsvorstand sieht es als erwiesen an, dass die Geschäftsführer Bernd Eller von den Stadtwerken Bad Homburg und Jürgen Funke von der Taunagas mit ihrem Verhalten geltendes Recht missachten und Kunden unter Druck setzen. Die Ignoranz der beiden Betroffenen findet Dr. Aribert Peters "unrühmlich und peinlich".
Fall 1: Taunagas, Geschäftsführer Jürgen Funke:
Am 18. März 2010 erhält Liselotte Mohr aus Oberursel Post von ihrem Gasversorger Taunagas: Sie soll bis zum 6. April 2010 663,79 Euro für Gas nachzahlen, ansonsten wird die Gasversorgung zum 15. April eingestellt. "Mit der Durchführung der Sperrung entstehen Ihnen nicht unerhebliche Kosten für Sperrung und Wiederinbetriebnahme", hieß es in dem Brief.
Liselotte Mohr ist zwar mit 76 Jahren eine betagte, jedoch hellwache kämpferische Gaskundin. In ihrem Haushalt leben ihr Mann, der zu 90 Prozent schwerbehindert ist, und ihr Sohn mit einer 100-prozentigen Schwerbehinderung. Dennoch hatte sich Liselotte Mohr nicht gescheut, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, die Angemessenheit der Gaspreise zur gerichtlichen Prüfung zu stellen. Dies hat sie dem Versorger am 10. Februar 2009 schriftlich mitgeteilt und unter Berufung auf § 315 BGB die Kürzung der verlangten Preise angekündigt. Bis dahin hatte sie ihre Rechnungen stets pünktlich gezahlt. Nach der geltenden Rechtsprechung sind ihre Kürzungsbeträge jedoch nicht zur Zahlung fällig und dürfen weder gemahnt werden, noch gar deren Zahlung durch eine Sperrandrohung erzwungen werden.
"Kein Kommentar"
Frau Mohr wandte sich daraufhin an den Bund der Energieverbraucher e.V. Die Erfassungsstelle Energieunrecht des Vereins hat deshalb am 31. März 2010 den Geschäftsführer der Stadtwerke, Herrn Funke angeschrieben und um Stellungnahme zu dem Fall gebeten. Keine Reaktion. Daraufhin wurde am 8. April von Seiten des Vereins nochmals eine Stellungnahme angemahnt. Am 15. April endlich antwortete der Syndikus der Taunagas: Man sehe keine Veranlassung zu einer Stellungnahme. Am 19. April erneuerte der Verein seine Bitte um Stellungnahme. Am 28. April antwortete der Syndikus: "Es ist nicht ersichtlich, dass Sie legitimiert sind, Erklärungen für Frau Mohr entgegenzunehmen".
Frau Mohr schickte daraufhin am 29. April eine Vollmacht an Taunagas und wiederholte die Bitte um Auskunft an den Verein. Schweigen von Taunagas. Am 17. Mai fasst der Verein erneut nach und bat erneut um Stellungnahme, auch zu einem zweiten gleich gelagerten Fall, in dem Taunagas widerrechtlich eine Versorgungssperre angedroht hat.
In dem zweiten Fall schaltete der Kunde ein Anwaltsbüro ein. Am 14. April erklärten die Stadtwerke dem Anwalt gegenüber, dass sie gegenüber diesem Kunden einstweilen von der angekündigten Sperre absehen. Für Frau Mohr steht die Sperrandrohung nach wie vor im Raum. Die hartnäckige Auskunftsverweigerung von Taunagas und ihrem Geschäftsführer Jürgen Funke sowie die widerrechtlichen Sperrandrohungen rechtfertigen die Verleihung der "Trüben Funzel" wegen besonders verbraucherunfreundlichen Verhaltens.
Fall 2: Stadtwerke Bad Homburg, Geschäftsführer Bernd Eller
Die Gaskunden Inge und Joachim Schwaiger kürzen seit 2006 den Gaspreis, weil sie die Berechtigung von Preiserhöhungen und die Billigkeit der Erhöhung bezweifeln. Die Stadtwerke Bad Homburg verklagen einen Protestkunden auf Zahlung. Das Landgericht Frankfurt gab der Klage statt (Urteil vom 16. Oktober 2009, Az 3-11 O 27/08). Allerdings wurde gegen das Urteil Berufung eingelegt, die derzeit noch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt zur Entscheidung steht. Dennoch berufen sich die Stadtwerke auf das nicht rechtskräftige Urteil des Landgerichts und fordern nunmehr von allen Protestkunden nachdrücklich die Zahlung der zurückbehaltenen Beträge. Auf der Internetseite der Stadtwerke steht eine Pressemitteilung zu dem Urteil, auf der kein -Datum vermerkt ist. "Das kann man nur als bewusste Täuschung der Verbraucher über den Stand der rechtlichen Auseinandersetzung bewerten", kritisiert Dr. Aribert Peters.
Am 7. Dezember 2009 erhält Familie Schwaiger eine Sperrandrohung, sollte sie die angeblich ausstehenden 1.151 Euro nicht begleichen. Familie Schwaiger wendet sich am 6. März an die Erfassungsstelle Energieunrecht des Vereins. Der Verein bittet den Geschäftsführer der Stadtwerke Herrn Eller um Stellungnahme zu dem Vorfall: Am 5. April, am 15. April und am 17. Mai. Reaktion der Stadtwerke: Schweigen!
Entwarnung aus dem Stadtrat
Der Stadtrat Peter Vollrath-Kühne schreibt Familie Schwaiger am 1. April eine Mail: "Ich habe die Angelegenheit mit den Stadtwerken besprochen die Sperrandrohung wird sich nicht wiederholen". Somit hat Geschäftsführer Bernd Eller seine Stadtwerke blamiert: Durch seine hartnäckige Weigerung, gegenüber den Betroffenen und dem Bund der Energieverbraucher e.V. Stellung zu beziehen, sein Versuch, durch falsche Angaben über den Stand des Gerichtsverfahrens Verbraucher zu Zahlungen zu veranlassen und schließlich durch unrechtmäßige Drohungen mit Versorgungssperren. In der Summe rechtfertigen diese verbraucherunfreundlichen Handlungsweisen die Verleihung der "Trüben Funzel" an die Stadtwerke Bad Homburg und ihren Geschäftsführer Bernd Eller.
Zwischen Seelsorge und Paragrafen
Seit Januar 2010 leitet Thomas Schlagowski die Erfassungsstelle Energieunrecht in Hamburg. In der Energiedepesche berichtet er über seine ersten Erfahrungen.
Thomas Schlagowski
(25. Juni 2010) Energieversorger können ihre Kunden nicht mehr ungestraft mit rechtswidrigen Sperrandrohungen oder Lieferstopps drangsalieren, die in der Branche allgemein respektierten Grundsätzen widersprechen: Es ist unsere Aufgabe, entsprechende Versorgungsunternehmen in einer breiten Öffentlichkeit „an den Pranger" zu stellen. Keiner soll glauben, bei Missbrauch ungeschoren davon zu kommen. Allein in den vergangenen drei Monaten haben sich wieder mehrere Dutzend Betroffene an die Erfassungsstelle Energieunrecht gewandt.
Gütliches Vier-Augen-Gespräch
In vielen Fällen wirken wir darauf hin, dass Kunden und Unternehmen gemeinsam gütliche Lösungen finden. Dies ist besonders wichtig in völlig verfahrenen Fällen, die sich manchmal schon über längere Zeit teilweise grotesk aufgeschaukelt haben. Dabei bedarf es oft eines von außen angestoßenen klaren Schnitts, um endlich „die Kuh vom Eis" zu bekommen. In solchen Fällen haben wir angekündigt, kooperative Unternehmen als positive Beispiele für praktizierte Kundenfreundlichkeit zu nennen.
Kontaktdetails:
Erfassungsstelle Energieunrecht im Bund der Energieverbraucher e. V.
Thomas Schlagowski, Neuer Korbmachersand 11, 21129 Hamburg
Sprechstunde: Mo. 9-13 Uhr
Tel. 040-7429700 (in Notfällen: 0163-7429700)
Auf der anderen Seite finden sich auch Vorgänge, in denen wir den betroffenen Kunden nur raten können, die eigenen Unterlagen sorgfältig zu ordnen und einen persönlichen Beratungstermin in einem der Kundencenter zu vereinbaren. Dort sollten sie gut vorbereitet und ganz entspannt von Mensch zu Mensch die Angelegenheit in einem wirklich gütlichen Sinne regeln.
Das Ziel: Faire Zusammenarbeit mit Versorgern
Unserer Erfahrung nach kann ein Gespräch unter vier Augen wahre Wunder wirken - vorausgesetzt, beide Seiten sind auch bereit zu Zugeständnissen. Gerade Unternehmen mit einem professionellen Kundenmanagement werden gesprächsbereite Kunden auf keinen Fall unnötig vor den Kopf stoßen.
Verbraucher-Seelsorge
In diesem Sinne leisten wir teilweise schon fast eine „seelsorgerische" Arbeit auch im Sinne der Versorger, um Dinge nicht unnötig weiter eskalieren zu lassen. Unser Ziel ist es, fair mit den Versorgern zusammenzuarbeiten: Wann immer möglich, gilt es, die Dinge einvernehmlich zu klären. Auf der anderen Seite dürfen diejenigen, die glauben, sie könnten rechtswidrige Versorgungssperren als Waffen missbrauchen, nicht auf unsere Schonung rechnen.
Drohung zurückgenommen
In einem knappen Drittel aller berichteten Fälle nahmen die Versorger ihre Sperrandrohungen sogar zurück, ohne dass eine besondere Intervention nötig war. In einem Fall gab es sogar eine Entschuldigung von oberster Stelle. Bei etwa der Hälfte dieser Fälle handelte sich bei den betroffenen Kunden übrigens um Verbraucher, die den Billigkeitseinwand nach §315 BGB erhoben hatten („Protestkunden"). In diesen Fällen genügte schon der bloße Hinweis auf diesen „Schutzparagrafen" und die Versorger nahmen ihre Sperrandrohung sofort zurück. Das galt auch für betroffene Kunden, die entweder hochbetagt oder (schwer)behindert waren, denn diese Fakten schienen dem Unternehmen jeweils nicht bekannt gewesen zu sein.
Hartnäckige Härtefälle
Fünf Vorgänge haben sich inzwischen zu etwas umfangreicheren Akten entwickelt. In einem, zugegeben sehr verflixten Fall sitzt der Kunde schon seit dem Winter 09/10 ohne Gas da - im Übrigen der einzige Fall, in dem der Versorger die Sperre bereits durchgeführt hatte, bevor sich der Betroffene an uns wandte. In drei Fällen erwarten wir in Kürze die Stellungnahmen der Unternehmen.
Ein Versorger fiel jedoch deutlich negativ auf: Uns liegen bereits zwei Fälle eines Unternehmens aus Hessen vor, dessen Kunden sich auf den Unbilligkeitseinwand nach §315 BGB berufen hatten. Dennoch drohte der Versorger damit, die Gasversorgung einzustellen. In einem Fall glaubte man, eine 76-jährige Gaspreis-Rebellin, die zudem noch zwei Schwerbehinderte (Ehemann und Sohn) zu versorgen hat, mit einer Sperre ängstigen zu müssen. Als wir uns einschalteten, versuchte man zunächst, uns in leicht herablassendem Ton abzuwimmeln. Selbstverständlich lassen wir nicht locker. Und wir werden das betroffene Unternehmen künftig mit geschärfter Aufmerksamkeit betrachten, wie die Verantwortlichen dieses Unternehmens ihre Vorgehensweise rechtfertigen werden.
Leider können wir noch keine Namen nennen, da keiner der genannten Fälle bislang abgeschlossen ist. Mehr Details veröffentlichen wir im nächsten Report.
So schalten Sie die Erfassungsstelle Energieunrecht ein:
Alle Betroffenen können angedrohte oder tatsächliche Versorgungssperren der Dokumentationsstelle mitteilen: Entweder bequem online oder den Fragebogen anfordern beim Bund der Energieverbraucher, Frankfurter Str. 1, 53572 Unkel. Eine Mitgliedschaft im Verein ist dafür nicht erforderlich.
Versorger sind im Umgang mit ihren Kunden vorsichtiger geworden - und räumen neuerdings Fehler ein. Ein Blick auf ein spannendes Jahr seit der Gründung von ENERGIEUNRECHT.
Energie-Anbieter zeigen Reue
Versorger sind im Umgang mit ihren Kunden vorsichtiger geworden - und räumen neuerdings Fehler ein. Ein Blick auf ein spannendes Jahr seit der Gründung von ENERGIEUNRECHT.
Von Wulf Kannegießer
(5. Januar 2010) Viele kleine Schlachten entscheiden über den Sieg: Bundesweit rudern Energieversorger zurück. Konzerne zeigen Reue. Mahnstellen bitten um Entschuldigung. Vollstreckungsmitarbeiter reden sich mit Computerfehlern heraus - das ist das Ergebnis der Arbeit der Dokumentationsstelle ENERGIEUNRECHT für ungesetzliche Versorgungssperren, die der Bund der Energieverbraucher vor einem Jahr ins Leben gerufen hat.
Ihre Arbeit zeigt jetzt Wirkung: So regierte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft überrascht, als ENERGIEUNRECHT ihn mit den rechtswidrigen Praktiken einiger Mitglieder konfrontierte. Nun will sich der Verband selbst um die „schwarzen Schafe" der Branche kümmern.
Paradies für Abzocker
Jahrzehntelang konnten Versorger beinahe unbehelligt und ungenannt jeden säumigen Kunden durch Drohschreiben, Nötigung, Erpressung und Kleinst-Gedrucktem hemmungslos mit immer neuen Verbrauchszahlen, Nachforderungen und Zusatzgebühren drangsalieren.
War der Strom oder das Gas erst mal weg, beugten sich die Kunden notgedrungen fast jedem Gebührendiktat. Um schnell entsperrt zu werden und nicht länger im Dunkeln zu sitzen, mussten Betroffene obendrein noch horrende Entsperrungskosten berappen.
Wer riskiert schon die Gesundheit, wenn die Gas-Heizung trotz Frostrekord im Winterschlaf bleibt? Wer fragt bei Einzelfällen schon hinterher, ob rüde Attacken von Mahn- und Inkassoabteilungen rechtens waren, ob gesetzliche Mindestanforderungen eingehalten wurden?
Das Paradies der Abzocker schien grenzenlos. Und niemand wehrte sich - die betroffenen Einzelkunden hielten still. Niemand erhob Anklage. Seit einem Jahr ist das anders.
Versorger geben klein bei
Zum Beispiel Karl Wienert*, einem 31-jährigem Hartz-IV-Empfänger aus Bad Salzuflen. Im Mai 2009 wollte ihn sein Stromversorger wegen einer Nachforderung von 63 Euro binnen neun Tagen ins Dunkle setzen. Von ENERGIEUNRECHT auf die Verletzung der Vier-Wochen-Frist angeschrieben, teilte der Stromversorger mit: „Wir räumen ein, dass in diesem Ausnahmefall die gesetzlichen Vorgaben (Sperrvoraussetzungen) versehentlich nicht eingehalten worden sind." Die Sperrankündigung wurde am selben Tag zurückgezogen.
„Wir sehen von einer Unterbrechung der Versorgung ab."
Oder der 68-jährige Ewald Röttgen* aus Wilhelmshaven: Während er sich in einer neurochirurgischen Reha-Maßnahme befand, hat der Energieversorger wegen angeblicher Zahlungs-Rückstände von 1.625 Euro im Mai 2009 binnen drei Wochen mit der Einstellung der Gas- und Stromlieferung gedroht. Der Bevollmächtigte des Schwerbehinderten informierte ENERGIEUNRECHT. Daraufhin gab das Unternehmen klein bei: Man werde, hieß es, unter Berücksichtigung der schwer angeschlagenen Gesundheit des Kunden „von einer Unterbrechung der Versorgung absehen bis zur rechtlichen Klärung der Billigkeit".
„Mit Bedauern räumen wir ein ..."
Nach ersten Fallveröffentlichungen über Internet gab sich die Versorgerbranche noch trotzig, borstig, schweigsam. Inzwischen sind Energieanbieter auf breiter Front vorsichtiger geworden. Ertappt und öffentlich an den Pranger gestellt, werden auch Großkonzerne nachdenklich. Und plötzlich räumen die unteren Abteilungen Fehler ein, gestehen Nachlässigkeiten, bekennen Versäumnisse.
Zum Beispiel beim Ehepaar Mayer* im bayerischen Igling; Wegen einer umstrittenen Jahresabrechnung von 2008 wollte der Versorger binnen zwei Wochen nach der ersten Sperrandrohung das Gas abstellen. ENERGIEUNRECHT schaltete sich ein - und das Unternehmen zuckte umgehend zurück: „Wir haben den Sachverhalt nochmals geprüft und dabei festgestellt, dass uns ein Fehler unterlaufen ist, für den wir uns entschuldigen. Ihr Anruf ist immer herzlich willkommen!" Das Ehepaar erhielt vom Gasversorger noch einen gesonderten Entschuldigungsbrief.
Oder eine dreiköpfige Familie in Illingen, die unter Berufung auf § 315 BGB ihre Gaszahlungen gekürzt hatte. Fünf Tage nach der ersten Sperrandrohung des Versorgers sollten sie ohne Gas dastehen. ENERGIEUNRECHT vermittelte, der Versorger zog die Drohung zurück. „Die Forderung ruht bis zur gerichtlichen Klärung", so das Unternehmen.
Erste Hilfe für Verbraucher
Eine plötzliche Menschwerdung? Eher der Erfolg von permanentem Hinsehen, Prüfen, Überwachen. Was vor einem Jahr als Dokumentationsstelle für ungesetzliche Versorgungssperren begonnen hat, ist neben Kartellbehörden längst zum wirksamen Erste-Hilfe-Instrument für Energiekunden geworden. Die Beschwerden von Kunden reißen nicht ab. Aber die schwarzen Schafe unter den Energieversorgern können sich nicht mehr im Dunkeln verstecken.
(*) Name von der Redaktion geändert
Alle Betroffenen können angedrohte oder tatsächliche Versorgungssperren der Dokumentationsstelle mitteilen: Im Internet oder den schriftlichen Fragenbogen anfordern beim Bund der Energieverbraucher e.V., Frankfurter Str. 1, 53572 Unkel. Eine Mitgliedschaft im Verein ist dafür nicht erforderlich.
Wann ist eine Versorgungssperre zulässig?
Wenn eine fällige Forderung eines Energieversorgers nicht beglichen wird, dann hat der Versorger grundsätzlich das Recht zur Einstellung der Versorgung. Denn der Versorger ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Verbraucher seiner grundsätzlichen Zahlungspflicht nicht nachkommt. Der Versorger darf aber eine Versorgungssperre nicht dazu missbrauchen, eine Zahlungsforderung gegenüber dem Verbraucher durchzusetzen.
Weil eine Versorgungseinstellung eine schwerwiegende Beeinträchtigung für den Betroffenen darstellt und der Versorger dadurch auch unberechtigte Forderungen gegenüber den Verbrauchern durchsetzen könnte, hat der Gesetzgeber zum Schutz der Verbraucher einige zusätzliche Bedingungen formuliert, unter denen Versorgungssperren überhaupt nur zulässig sind.
Die Androhung einer Versorgungssperre ist nur dann zulässig,
- wenn mit dem Kunden ein Versorgungsvertrag besteht,
- wenn ein Zahlungsrückstand (abzüglich Mahnkosten) von mehr als des doppelten Monatsabschlags besteht (oder, wenn kein solcher vereinbart wurde, von mindestens einem Sechstel des voraussichtlichen Jahresabrechnungsbetrages), jedoch immer erst ab einem Mindestbetrag von 100 Euro,
- wenn kein offensichtlicher Mangel der Rechnung vorliegt,
- wenn die Forderung nicht schlüssig bestritten wurde,
- wenn kein Einspruch gegen die Rechnung wegen fehlender Billigkeit (BGB §315) erhoben wurde,
- wenn die Folgen der Sperre nicht unverhältnismäßig sind, insbesondere dann, wenn eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Gesperrten bestehen könnnte. Der Versorger hat jetzt auch immer zusammen mit seiner Sperrandrohung den Kunden über die Möglichkeit zu informieren, eine erwartete Unverhältnismäßigkeit ihm gegenüber schriftlich zu erklären. Insbesondere kann dies zutreffen, wenn zum Beispiel Hochbetagte, schwerwiegend Kranke, Behinderte, Kinderreiche, Schwangere oder Kleinstkinder im Haushalt wohnen
- und wenn keine hinreichende Aussicht auf Zahlung besteht.
Die Informationspflichten des Versorgers und der Hinweis auf eine Ratenzahlungsvereinbarung (sogenannte Abwendungsvereinbarung)
Der Versorger ist verpflichtet, den betroffenen Kunden zusammen mit der Sperrandrohung schriftlich über die Möglichkeiten zur Vermeidung einer Sperre zu informieren, die für den Kunden keine Mehrkosten verursachen. Dazu können beispielsweise gehören:
- örtliche Hilfsangebote zur Abwendung einer Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung,
- Vorauszahlungssysteme,
- Informationen zu Energieaudits und zu Energieberatungsdiensten und
- Hinweise auf staatliche Unterstützungsmöglichkeiten der sozialen Mindestsicherung oder auf eine anerkannte Schuldner- und Verbraucherberatung.
Des Weiteren ist der Versorger verpflichtet, dem Kunden spätestens mit der Ankündigung der Unterbrechung eine sogenannte Abwendungsvereinbarung anzubieten. Dieses Angebot hat Folgendes zu beinhalten:
- eine zinsfreie Ratenzahlungsvereinbarung über die ermittelten Zahlungsrückstände sowie
- eine Weiterversorgung auf Vorauszahlungsbasis
Die Ratenzahlungsvereinbarung muss so gestaltet sein, dass der Kunde sich dazu verpflichtet, die Zahlungsrückstände in einem für beide Parteien wirtschaftlich zumutbaren Zeitraum vollständig auszugleichen. Als in der Regel zumutbar ist je nach Höhe der Zahlungsrückstände ein Zeitraum von sechs bis 18 Monaten anzusehen. Überschreiten die Zahlungsrückstände die Summe von 300 Euro, beträgt dieser Zeitraum mindestens zwölf bis 24 Monate. Die konkrete Dauer vereinbart der Kunde dann jeweils mit dem Versorger. Neben diesen abgestimmten Raten müssen auch die regulären Monatsabschläge bezahlt werden. Nimmt der Kunde das Angebot vor Durchführung der Unterbrechung in Textform an, darf die Versorgung nicht unterbrochen werden. Kommt der Kunde seinen Verpflichtungen aus der Abwendungsvereinbarung nicht nach, ist der Versorger zu einer Sperre berechtigt.
Eine Versorgungssperre ist nur dann zulässig,
- wenn eine zulässige Sperrdrohung vier Wochen vor einer Sperre ausgesprochen wurde,
- wenn acht Werktage vor der Sperre eine nochmalige, zweite Ankündigung durch briefliche Mitteilung erfolgte. Zusätzlich soll die Ankündigung nach Möglichkeit auch auf elektronischem Wege schriftlich übermittelt werden.
Welche zusätzlichen Kosten können entstehen?
Sowohl in der Unterbrechungsandrohung („1. Sperrankündigung“) als auch in der Ankündigung des Unterbrechungsbeginns („2. Sperrankündigung“) ist klar und verständlich darauf hinzuweisen, welche voraussichtlichen Kosten dem Kunden infolge einer Sperre und der nachfolgenden Entsperrung in Rechnung gestellt werden können.