Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.
Heizungscontracting: Die teure „kostenlose“ Heizung
(Unkel, den 26. September 2017) Viele Energieversorger werben aktuell mit einer „kostenlosen“ Heizungssanierung für Privathäuser. Bezahlt wird, statt eines Kaufpreises, mit monatlichen Raten über 10 oder sogar 15 Jahre. Was zunächst verlockend aussieht, erweist sich oft als kräftig überteuert. Der Bund der Energieverbraucher e.V. warnt vor diesen „Schnäppchen“, selbst wenn sie von seriösen Versorgern und Heizungsfirmen angeboten werden. Wer schon unterschrieben hat, sollte genau nachrechnen. Der Bund der Energieverbraucher berät, wie man sich von solchen Verträgen wieder lösen kann.
Herr Nebel freute sich. Er war schon über 75 Jahre alt und bekam im vergangenen Jahr von den Stadtwerken eine neue Heizung im Wert von vielen tausend Euro kostenfrei eingebaut. Er brauche sich künftig weder um den Schornsteinfeger, noch um die Wartung der Anlage kümmern, versprach man ihm. Nur zahlen müsse er monatlich einen „kleinen“ Betrag von rund hundert Euro. Die Stadtwerke rühmen dieses Konzept als „innovatives und verbraucherfreundliches“ Produkt. Der von Herrn Nebel unterschriebene Vertrag hat jedoch eine Laufzeit von 15 Jahren.
Die monatlichen Ratenzahlungen würden sich für Herrn Nebel über 15 Jahre auf stolze 19.000 Euro aufsummieren. Der Wert der neuen Heizung dürfte einschließlich Montage bei gut 5.000 Euro liegen. Für Service, Wartung und Schornsteinfeger sollte Herr Nebel also gut 1.200 Euro im Jahr zahlen. In einem Einfamilienhaus sind dafür üblicherweise jährlich aber nur rund 200 Euro üblich. Für das Gas bitten die Stadtwerke dann noch extra zur Kasse. Und am Ende der Vertragslaufzeit müsste Herr Nebel noch den Stadtwerken die dann 15 Jahre alte Heizung für teures Geld abkaufen – oder die Heizung wird wieder abgebaut.
Stark überteuerte Preise
In diesem konkreten, dem Bund der Energieverbraucher vorliegenden Fall, ist die monatliche Rate und damit der Gesamtpreis über die Vertragslaufzeit stark überteuert. Das ist leider kein Einzelfall. Für ein „Heizungscontracting“ oder eine „Heizungsmiete“ zahlen die Verbraucher über die Jahre addiert oft das Zwei- bis Dreifache des normalen Anschaffungspreises. Die Betroffenen könnten angesichts dieser Wucherpreise leicht kalte Füße bekommen, würden sie die Kosten nachrechnen.
Kein Erfolgsmodell
Das sogenannte Kleinanlagen-Contracting (KLAC) für Heizungen wurde von E.on entwickelt und von vielen Energieversorgern übernommen. Derzeit wird es aggressiv bundesweit beworben, bis hin zu Fernsehspots über kalte Füße. Gefährlich wird es für Verbraucher, die ahnungslos auf den untadeligen Ruf ihres Versorgers vertrauen und sich ohne Nachzurechnen über 10 oder 15 Jahre mit einem solchen Vertrag knebeln lassen. Hier gibt es früher oder später ein böses Erwachen, wenn die tatsächlichen Kosten offenkundig werden.
Fragwürdige Knebelverträge
Nach § 309 Abs. 9 BGB dürfen Verträge mit Verbrauchern für Dauerschuldverhältnisse höchstens eine Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren haben. Diese Einschränkung gilt zwar für Handyverträge, nicht aber uneingeschränkt für Miet-, Leasing- und Contractingverträge. Unterfällt der Vertrag der AVBFernwärmeV, so sind Vertragslaufzeiten bis zu zehn Jahren zulässig. Dies ist aber nicht bei allen Contractingangeboten der Fall! So entschied der BGH, dass bei einem Contracting, wo die Anlage im Eigentum des versorgten Verbrauchers steht, die AVBFernwärmeV nicht greift und eine vorzeitige Kündigung möglich ist (Az. VIII ZR 262/09). Weiterhin geht die AVBFernwärmeV von einem zu bezahlenden Wärmeverbrauch aus. Im Fall von Herrn Nebel wurde aber ein fester Preis pro Monat für die Heizung vereinbart. Es ist moralisch äußerst fragwürdig, einem über 75 Jahre alten Verbraucher einen 15-Jahres-Vertrag aufzuschwatzen.
Fazit: Nicht empfehlenswert!
Der Bund der Energieverbraucher und auch viele Verbraucherzentralen raten wegen zumeist fehlender Wirtschaftlichkeit vom Heizungscontracting ab. Aber eine genaue Betrachtung kann sich in Einzelfällen durchaus lohnen. Vor einer Unterzeichnung solcher Verträge ohne genaue wirtschaftliche und juristische Prüfung ist zu warnen.
Wer einen solchen Vertrag unterschrieben hat, dem steht aufgrund unzulässig langer Laufzeiten oft ein vorzeitiges Kündigungsrecht zu, das notfalls vor Gericht durchgesetzt werden muss.
Viele Versorgungsunternehmen machen hier kein gutes Bild. Sie könnten durch ihre Fachkompetenz und ihre Marktposition für ihre Kunden besonders günstige Angebote organisieren. Stattdessen setzen sie leider häufig auf die satt kalkulierten Preise örtlicher Handwerker noch einen kräftigen eigenen Reibach obenauf.