Brennwert von Erdgas
Anbieterwechsel: Jahresabrechnung kommt nicht
(13. Dezember 2011)
Frage: Im Juni habe ich den Anbieter gewechselt. Bis jetzt habe ich noch keine Endabrechnung vom alten Anbieter. Angeblich ist der Brennwert des Gases nicht bekannt. Was kann ich tun?
Antwort: Über die Brennwerte brauchen Sie sich keine Gedanken machen, das ist Sache des Anbieters. Der bisherige Versorger muss nach § 40 Abs. (4) des Energiewirtschaftsgesetzes die Endabrechnung spätestens sechs Wochen nach Ende des Lieferverhältnisses zusenden. Tut er das nicht, können Sie wie folgt vorgehen:
- Beschweren Sie sich bei dem Versorger über die nicht erfolgte Abrechnung.
- Schickt der Versorger einen Monat nach der Beschwerde keine Abrechnung, beschweren Sie sich bei der neuen Schlichtungsstelle Energie.
Die 7. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur hat am 1. Juli 2010 entschieden, dass die Brennwerte unverzüglich mitzuteilen sind (Az: BK7-06-067).
Brennwert unter der Lupe
Stimmt der Brennwert, der auf meiner Gasrechnung steht? Der Bund der Energieverbraucher wollte es genau wissen und hat dem Landesbetrieb Mess- und Eichwesen Nordrhein-Westfalen (LBME NRW) bei seiner Arbeit über die Schulter gesehen.
(14. Juli 2007) - Alle drei Wochen ziehen sie los, die Prüfer der Betriebsstelle für Sonderaufgaben aus Dortmund. Zwei Tage lang nehmen sie einen Gasversorger in Westfalen genau unter die Lupe. Im Rheinland sind dafür die Betriebsstellen des Eichamts Düsseldorf, Duisburg und Köln zuständig. Auf diese Weise werden in Nordrhein-Westfalen jedes Jahr etwa 20 Prozent aller Gasversorger überprüft. Jedes Unternehmen kommt alle fünf Jahre einmal an die Reihe. Die Prüfer checken, ob die Abrechnungsdaten für die Gasrechnungen der Haushalts- und Sondervertragskunden stimmen.
Kubikmeter in Kilowattstunden
Die Gaszähler im Keller messen das Gasvolumen in Kubikmeter. Abgerechnet wird aber die gelieferte Energiemenge. Denn das Preisblatt nennt den Tarif je Kilowattstunde. Wie man korrekt von Kubikmeter in Kilowattstunden umrechnet, schreibt ein Arbeitsblatt mit der Bezeichnung "G 685" vor. Die Prüfer schauen nach, ob die Gasversorger die darin niedergelegten Regeln einhalten. Für diese Umrechnung spielen zwei Faktoren ein Rolle: die physikalischen Lieferbedingungen, also Druck und Temperatur. Diese fasst die sogenannte Zustandszahl "Z" zusammen. Zum zweiten spielt auch der Brennwert "H" des Erdgases eine Rolle. Dieser Wert bezeichnet den Energieinhalt je Kubikmeter. Multipliziert man das gemessene Volumen mit den Faktoren Z und H, dann erhält man als Ergebnis die gelieferte Energiemenge. In den Gasabrechnungen wird der Umrechnungsfaktor, also das Produkt aus den Faktoren Z und H, angegeben.
Brennwertmessung
Der Brennwert ist äußerst sensibel: Er ändert sich täglich, ja sogar minütlich. Der Grund dafür liegt im Gas selbst, denn es stammt aus verschiedenen Ländern und Gasfeldern mit jeweils unterschiedlichen Brennwerten. Man unterscheidet Gas mit hohem Brennwert (H-Gas) zwischen elf und zwölf Kilowattstunden pro Kubikmeter, etwa aus der Nordsee, aus Russland und Dänemark, und Gas mit niedrigem Brennwert (L = low) mit neun bis zehn Kilowattstunden pro Kubikmeter. Herkunftsgebiete für L-Gas sind unter anderem Deutschland oder die Niederlande.
In der Praxis liefert der Versorger einen Mix aus verschiedenen Feldern, Leitungen und Speichern. Die Gasabrechnung führt deshalb den sogenannten Abrechnungsbrennwert für die Abrechnungszeitspanne auf. Für Sondervertragskunden erfolgt dies einmal pro Monat, für Haushaltskunden einmal im Jahr. Der monatliche Wert errechnet sich arithmetisch aus dem Mittel der gemessenen Einzelwerte des Brennwertes. Für die jährliche Berechnung wird der Brennwert mengengewogen ermittelt. Dabei werden die monatlichen Schwankungen des Einspeisebrennwertes und der Einspeisemengen berücksichtigt.
Der Brennwert wird heutzutage in der Regel mit einem sogenannten Prozessgas-Chromatografen, kurz PGC, gemessen. Dieses Gerät kann in Minutenschnelle bis zu 16 verschiedene im Gas vorhandene Bestandteile wie Methan oder Propan analysieren. Daraus lässt sich der Brennwert ableiten. Diese Geräte sind zwar nicht groß, jedoch relativ teuer.
Glauben ist gut, Kontrolle besser
Weil ein solches PGC rund 100.000 Euro kostet, hat nicht jedes der 700 Gasverteilunternehmen einen eigenen PGC an jedem Einspeisepunkt des örtlichen Gasnetzes installiert. Wenn eine große Transportleitung mehrere Gasversorger beliefert, dann genügt ein PGC für die gesamte Leitung, weil sich der Brennwert des Gases im Rohr nicht ändern kann, solange kein zweites Gas in die Leitung fließt. Der örtliche Gasverteiler geht also von der Brennwertmessung aus, die sein Vorlieferant in der Transportleitung leistet. Am Übergabepunkt wird meist nur das gelieferte Gasvolumen gemessen. Der LBME NRW überprüft etwa alle fünf Jahre auch die Ermittlung der Gasabrechnungsdaten der Vorlieferanten für alle Gasverteilungsunternehmen.
Prüfung geht weiter
Wenn die Eichbehörden ein Gasverteilunternehmen prüfen, dann sehen die kontrollierenden Mitarbeiter alle Original-Bezugsrechnungen des Gaslieferanten ein und analysieren die darin festgehaltenen monatlichen Brennwerte sowie die Einspeisemengen. Die Prüfer gleichen dabei leider nicht ab, ob die vom Vorlieferanten bezogenen Gasmengen mit den an die Kunden verkauften Volumina übereinstimmen.
Die Prüfer greifen sich dann stichpunktartig mehrere Haushaltskunden und mehrere Industriekunden heraus, prüfen die jeweilige Gasrechnung und checken die zugehörigen Messgeräte vor Ort. Sie überwachen auch, ob die Eichung der Zähler noch gültig ist. Die Eichgültigkeit beträgt jeweils acht Jahre. Liegt das auf dem Gaszähler angegebene Eichjahr länger zurück, muss der Versorger nachweisen, dass er die Eichgültigkeitsdauer durch ein Stichprobenverfahren verlängert hat. Ist dies nicht der Fall, leiten die Prüfer ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.
Die früher übliche Abrechnung nach gemessenen Kubikmetern ist laut LBME nach der Preisangabenverordnung unzulässig, da Gas nur nach Kilowattstunden angeboten werden darf.
Fachgespräch beim LBME in Dortmund, von links: Franz Jünger, Aribert Peters, Lutz Rappholz, Werner Peuckert.
Luft zugemischt?
Immer wieder gibt es Berichte, nach denen Erdgas mit Luft gestreckt sei. Theoretisch wäre eine solche betrügerische Zumischung zwar möglich. Entsprechende konkrete Fälle sind dem LBME NRW jedoch nicht bekannt. Experten halten solche Fälle zudem für sehr unwahrscheinlich, da der technische Aufwand groß ist. Dennoch berichten Verbraucher immer wieder von Herdflammen, die zeitweise fast verlöschen, oder rätselhaften Mehrverbrauch. Technisch wäre es möglich, in so genannten Spitzengasanlagen Luft zuzumischen. In solchen Anlagen wird Flüssiggas mit Luft verdünnt und in das Gasnetz eingespeist. Eine eichfähige Brennwertmessung wurde bis Ende letzten Jahres für solche Anlagen nicht vorgeschrieben. Wird die Anlage kürzer als sieben Tage jährlich betrieben, müssen ihre Betreiber nicht einmal die Eichbehörden darüber informieren.
Bei der Überwachung der Gasabrechnung überprüfen die Mitarbeiter des LBME gegebenenfalls vorhandene Spitzengasanlagen. Sie überprüfen, ob und wie lange die Anlagen im Einsatz waren, ermitteln den Brennwert und checken die Berechnung des Abrechnungsbrennwertes. Die Eichbehörden nehmen keine eigene Prüfung des Gasbrennwertes vor.
Wer eicht Messgeräte?
Neben dem LBME NRW eichen auch staatlich anerkannte Prüfstellen Messgeräte für Gas. Die Prüfstellen in NRW unterliegen dabei der Aufsicht des LBME. Von den etwa 150 Gasversorgern in Nordrhein-Westfalen betreiben 18 Unternehmen eine eigene Prüfstelle. Das leitende Prüfstellenpersonal muss die Eichschule in München (DAM) durchlaufen (www. dam-germany.de). Es wird öffentlich bestellt und verpflichtet. Der LBME NRW schaut bei diesen Prüfstellen jährlich etwa zweimal unangemeldet herein. Die Landesregierung baut allerdings seit Jahren Personal des LBME NRW ab, obwohl sich der Landesbetrieb zu 80 Prozent durch Gebühren finanziert und nur zu 20 Prozent steuerfinanziert wird.
Zählereichung: Abschied vom Stempel
Seit dem 30. Oktober 2006 gilt in Deutschland die europäische Messgeräterichtlinie "MID". Sie ist durch das seit dem 2. Februar 2007 geltende neue Eichgesetz und die neue Eichordnung vom 8. Februar 2007 in deutsches Recht umgesetzt worden. Seitdem brauchen unter anderem Elektrizitätszähler vor dem Einbau nicht mehr amtlich geeicht zu werden, wenn der Hersteller eine Konformitätserklärung für den Zähler abgibt. Statt des gewohnten gelben Eichstempel und dem Zulassungszeichen der Bauartzulassung gibt es jetzt ein CE-Zeichen mit angefügtem M, den letzten beiden Ziffern des Jahres des Inverkehrbringens des Zählers und der Kennnummer der Stelle, die an der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens beteiligt war.
Die Stellen, die an der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens beteiligt sind, heißen "benannte Stellen" und müssen kompetent und unabhängig arbeiten. Es gibt Bestrebungen seitens der Politik, diese hoheitlichen Stellen durch private Firmen zu ersetzen.
Zähler, die vor dem 30. Oktober 2006 eine Bauartzulassung nach dem bis dahin geltenden Recht erhalten haben, können neben den Messgeräten nach der MID spätestens bis zum 30. Oktober 2016 auch weiterhin in Verkehr gebracht werden, wenn sie zuvor geeicht wurden. Nach diesem Stichtag können die Zähler weiterhin nachgeeicht werden.
Sowohl für die geeichten Zähler als auch für die nach MID in Verkehr gebrachten Zähler gelten die bisherigen Eichgültigkeitsdauern. Stichprobenverfahren können die Eichgültigkeitsdauer von Elektrizitäts-, Gas-, Wasser- und Wärmezähler verlängern. Dabei handelt es sich um ein statistisches Verfahren, bei dem zufällig eine Stichprobe aus gleichartigen Zählern gezogen wird. Diese Zähler werden ausgebaut und messtechnisch überprüft. Besteht die Stichprobe die Prüfung, dürfen alle Geräte im Netz bleiben.
Tipp
Bei Verdacht auf einen zu geringen Brennwert sollte man Nachbarn nach ähnlichen Beobachtungen fragen. Möglicherweise ist der Druck in der Gasleitung wegen eines defekten Druckreglers zu niedrig. Erhärtet sich der Verdacht auf einen zu geringen Brennwert, dann sollte man das zuständige Eichamt oder die Landeseichbehörde informieren. Dabei gilt es, die Anhaltspunkte für den Verdacht möglichst genau darzustellen. Die Eichbehörden gehen bei berechtigten Zweifeln der Sache nach und prüfen die zugehörigen Brennwertmessungen.
Rekonstruktionssysteme
Die Ermittlung des Brennwerts wird komplex, sobald das Gas in einer Leitung die Richtung wechselt und mehrere Leitungen Gase mit unterschiedlichen Brennwerten kombiniert werden. Mit einem sogenannten Rekonstruktionssystem kann man je nach eingespeisten und ausgelieferten Mengen dennoch den Brennwert des Gases an den Ausspeisepunkten des gesamten Rohrsystem ermitteln. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt lässt solche Rekonstruktionssysteme zu. Die jeweils zuständigen Eichbehörden eichen und überwachen sie. Die Zulassung erfolgt nur für ein abgegrenztes Rohrnetz. PGCs messen den Brennwert an allen Einspeisepunkten des Rohrnetzes.
Brennwerte in Deutschland
(08. November 2005)
In Deutschland unterscheidet man regional zwischen mehreren Erdgas-Sorten
Heizwert von Erdgas: 8,2 bis 11,1 kWh/m3
(27. Juli 2004)
In Deutschland unterscheidet man regional zwischen mehreren Erdgas-Sorten
- Osthannover (LL): Brennwert ho=9,0
- Holland (Eltern)(L): Brennwert ho=10,3
- Verbund (D)(L): Brennwert ho=10,3
- Russland (H): Brennwert ho= 11,0
- Nordsee Troll (H): Brennwert ho=11,4
- Nordsee NPT (H): Brennwert ho=12,0
- Verbund (d)(H): Brennwert ho=11,1
Diese Gase werden gemischt zu zwei Qualitäten, dem H-Gas und dem L-Gas.
- Erdgas der Gruppe H (kurz H-Gas , auch High-Gas) kommt meistens aus den GUS-Staaten sowie aus der Nordsee der Erdgasfelder von Norwegen, Niederlande und Dänemark. Erdgas der Gruppe H hat einen Methan-Anteil, der zwischen 86 und 93 Vol.-% liegt, und einen (oberen) Heizwert zwischen 11,0 und 11,1 kWh/m3.
- Dem gegenüber verfügt L-Gas (Low-Gas) über einen geringeren Methangehalt. Der Stickstoff-(N2) und Kohlendioxid-Anteil (CO2) liegt bei diesem"saurem Gas" L-Gas etwas höher als bei H-Gas. Der Heizwert beträgt in der Regel zwischen 8,2 und 8,9 kWh/m3. L-Gas kommt verstärkt im norddeutschen Raum zum Einsatz. So verfügt das Bundesland Niedersachsen über eigene Erdgas-Quellen. Auch über die Niederlande wird L-Gas importiert.
Quelle: Abrechnung bei wechselnden Gasbeschaffenheiten - eine vergleichende Darstellung zwischen Deutschland, den Niederlanden und Großbritanien, Gregor Friedrichs, GWF 143 (2002), Nr. 1, S. 23 - 29